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Patienten wollen mehr Information und Beratung

Zwei Drittel der chronisch oder schwer kranken Patienten in Deutschland fühlen sich von ihrem Arzt nur unzureichend betreut, wie die WELT heute berichtet. Sie wünschen sich vor allem bessere Informationen. Dabei bezieht sich das Blatt auf die Ergebnisse einer Studie des Beratungsunternehmens Accenture, für die 2000 Patienten in Deutschland befragt wurden, die an chronischen oder schweren Krankheiten leiden. Ernährungsfachkräfte stellen ein enormes Potenzial gut ausgebildeter Fachkräfte dar, die für die Information und Beratung der Patienten eigentlich prädestiniert sind – zumindest im Bereich der vielen Erkrankungen, bei denen auch Ernährung eine Rolle spielt.
“Der hohe Anteil unzufriedener Patienten zeigt, wie groß der Bedarf an zusätzlichen Dienstleistungen und Informationsangeboten ist”, kommentiert Andrea Brückner, Geschäftsführerin des Bereichs Life Sciences bei Accenture die Studie. Das gelte für alle großen Therapiegebiete von Herz-Kreislauferkrankungen bis hin zu Krebsleiden.
 

Patienten fühlen sich schlecht beraten

Die Berater von Accenture haben die Umfrage durchgeführt, um das Markpotenzial für zusätzliche Informations- und Assistenzdienstleistungen darzustellen. Im Blick haben die Berater dabei vor allem Pharmaunternehmen, die aus Sicht der Berater stärker als bisher Anlaufstelle für Patienten sein sollen. Allerdings können sich nur zwei Prozent der Befragten vorstellen, dass die Pharmaindustrie diese Rolle übernimmt, nur drei Prozent können sich vorstellen, dass ein Apotheker ihr Ansprechpartner in allen gesundheitlichen Belangen werden könnte. Ein recht hoher Anteil der Befragten hierzulande kann sich allerdings vorstellen, dass die eigene Krankenkasse zum Dreh- und Angelpunkt der eigenen Gesundheitsversorgung wird. Immerhin jeder Fünfte glaubt, dass die eigene Kasse diese Rolle ausfüllen könnte. Die Accenture-Experten sehen darüber hinaus im Bereich der digitalen Information und Beratung einen enormen Wachstumsmarkt: Demnach schätzt man, dass Patienten und Versicherer bis 2020 weltweit rund zwölf Milliarden Dollar zusätzlich für neue digitale Dienste ausgeben werden.
 

docFood meint

Das haben sich die schlauen Accenture-Berater ja gut ausgedacht: Man könnte doch einfach den Bock zum Gärtner machen – und der Pharmaberater informiert künftig den Patienten. Ein Schelm, wer dabei an Dollarzeichen denkt. Die Idee kann wohl nur der Tatsache geschuldet sein, dass die Pharmaindustrie (vermutlich) die Studie finanziert hat. Zum Glück zeigt die Befragung auch, dass Pharmahersteller als Berater nicht gefragt sind – genauso wenig wie die Apotheker als ihre Handlanger. Es ist gut so, dass sich Patienten nicht mehr so einfach für dumm verkaufen lassen.
Dass in unserem teuren und angespannten Gesundheitssystem der Arzt die (zeitintensive) Beratung übernimmt, scheint allerdings auch illusorisch. Da wäre es zumindest einen Versuch wert, dass Berufsverbände wie VDOE und VDD, in denen Ernährungsfachkräfte organisiert sind, einen (möglichst gemeinsamen) Vorstoß wagen, um ihre Mitglieder ins Spiel zu bringen. Zum einen verfügt ein Großteil der zertifizierten Ernährungsfachkräfte in Deutschland mit dem Studium der Oecotrophologie über eine akademische Ausbildung, die breite medizinische Grundkenntnisse vermittelt. Die Ausbildung der Diätassistenten steht dem kaum nach. Viele der Erkrankungen, um die es bei der Accenture-Umfrage ging, sind ernährungsmitbedingt oder bedürfen auch einer diätetischen Behandlung. So stellen Ernährungsfachkräfte ein enormes Potenzial gut ausgebildeter Fachkräfte dar, die für die Information und Beratung der Patienten eigentlich prädestiniert sind (.. und denen eventuell zusätzlich nötige Kenntnisse und Fähigkeiten auf kürzestem Weg vermittelbar wären). Seit Jahren fordern die genannten Verbände von der Medizin einen Umgang auf Augenhöhe ein. Es reicht nicht, das nur zu fordern, man muss auch dafür kämpfen.

Dr. Friedhelm Mühleib