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Werkzeugkoffer Ernährungsberatung

Was sind die Voraussetzungen für eine gelingende Beratung? Zunächst sollte die Beratungskraft den subjektiven Bezugsrahmen des Klienten und seine Gefühlslage kennen, meint der Psychologe Prof. Christoph Klotter. Allerdings, so der Inhaber der Professur für Ernährungspsychologie an der Hochschule Fulda, dürfen Berater „nicht nur auf der Ebene der Gefühle verbleiben; der konkrete Lebensalltag, der konkrete Essalltag gehören dazu. Ansonsten bekommen wir kein Bild davon, was unsere Klienten in ihrem Alltag machen.“ Insofern ist nach Ansicht von Klotter eine Integration von humanistischen und verhaltenstherapeutischen Elementen sinnvoll.
In der Fachzeitschrift „Ernährung im Fokus“, herausgegeben vom aid (Ausg. 11-12 / 2014), gibt Klotter einen Überblick über die wichtigsten Voraussetzungen einer gelingenden Ernährungsberatung, verbunden mit einer Reihe von Praxistipps. Im Folgenden die drei, die als Voraussetzung vielleicht am Wichtigsten sind:
 
Praxistipp 1: Mit dem Essverhalten beginnen und die Gefühlsebene integrieren
Die Ernährungsberaterin setzt natürlich beim Essverhalten an, sollte dabei gleichzeitig einen Blick für die Gefühlslage der Klientin haben, wissen, wie ihr Lebensalltag aussieht, um entsprechend beraten zu können. Die Klienten fragen nicht primär danach, welche Kompetenzen eine Disziplin hat. Wenn die Ernährungsberaterin ihnen sympathisch ist, dann erzählen sie ihr mindestens genau so viel aus ihrem Leben wie der Psychotherapeutin. Bei Letzterer haben sie womöglich mehr Angst, zu stark durchschaut zu werden. Daher ist die Ernährungsberaterin eventuell ein gutes Einstiegsangebot. Bei ihr gilt der Klient auch nicht gleich als „verrückt” oder psychisch krank. Humanistische Ansätze dage¬gen legen eine symmetrische partnerschaftlichere Beziehung zwischen Beraterin und Klient nahe. Sie sitzen sich im 90-Grad-Winkel gegenüber. Das heißt aber nicht, dass es keine Differenz gibt.
 
Praxistipp 2: Gesunde Distanz zwischen Klient und Berater wahren
Die Ernährungsberaterin steht der Klientin eventuell näher als der Arzt oder die Psychotherapeutin. Sie darf aber nicht zur Freundin werden. Freundschaft bedeutet, dass frau oder man in Sympathie beim anderen über gewisse Dinge hinweg sieht, um den anderen zu schonen, wo doch darauf näher zu schauen irgendwann sinnvoll wäre. Freundschaft meint zu wenig notwendige Distanz, meint, dass die Asymmetrie zwischen Beraterin und Klientin zu wenig sichtbar wird. Aber diese ist immer da. Die Klientin steht im Mittelpunkt, die Ernährungsberaterin berät sie und nicht umgekehrt. Beratung und Psychotherapie sollten nie allzu nett sein. Nettigkeit lullt ein, vertreibt potenziell notwendigen Konflikt und Ausein¬andersetzung. Nettigkeit verhüllt negative Gefühle. Im Beratungsprozess muss klar sein, dass auch unangenehme Dinge zur Sprache kommen können. Wenn sich Beraterin und Klient zu nahe stehen, kann das ein Hindernis sein. Nettigkeit schützt am falschen Ort.
 
Praxistipp 3: Lebensweltliche Orientierung geben
Überspitzt formuliert: Die ideale Ernährungsberaterin sollte eine Alles-könnerin sein, ohne zur Freundin zu werden. Sie muss die Klientin halten und auffangen und sie sollte über Grundlagenwissen zum psychothe¬rapeutischen Vorgehen verfügen. Dass sie auch ernährungsmedizini¬sches Wissen hat, ist selbstverständlich. Und natürlich sollte sie sich auf Ernährungsberatung verstehen. Hier kann es ab und zu gut sein, eine humanistische, lebensweltliche Orientierung mit auf den Weg zu geben.
 
Tipp von docFood
Ernährungsberatung kann nur erfolgreich sein, wenn die Beratungskraft über das Fachwissen hinaus ausreichende methodische Kenntnisse hat. Ohne den gezielten Einsatz entsprechender methodischer „Werkzeuge“ in der jeweiligen Situation bleibt der Erfolg der Beratung dem Zufall überlassen. Für Beratungskräfte, die sich hier professionalisieren wollen, bietet Prof. Klotter regelmäßig Seminare an. Unter dem Titel „Werkzeugkoffer Ernährungsberatung“ findet das nächste am 08./09. Mai im freiraum in der Reihe Fachseminare für Ernährungsprofis statt. Der Besuch beim docFood Partner freiraum Seminare lohnt.
Friedhelm Mühleib