Schweinepest ante portas

Kaum sind die Fipronil-Eier vom Tisch, droht der Lebensmittelbranche neues Ungemach. Betroffen ist diesmal die Fleischwirtschaft: Die Schweinepest steht vor der Tür. Nach Ansicht von Experten ist schon nicht mehr die Frage, ob die Schweinepest nach Deutschland kommt, sondern nur noch: Wann wird sie Deutschland erreichen? Ein Auftreten der Schweinepest in Deutschland wäre mit katastrophale Folgen für alle Beteiligten in der gesamten Lebensmittelkette des Schweinefleisches verbunden.
 
Schweinepest ist zu 100% tödlich – allerdings nur für die Schweine. Für die Verbraucher besteht glücklicherweise keine Gefahr. Menschen können das Virus der Afrikanischen Schweinepest zwar übertragen – jedoch ohne das Risiko, selbst daran zu erkranken. Selbst der Verzehr von infiziertem Schweinefleisches ist für die Gesundheit nicht gefährlich.
 

Tiermedizin ist bei Schweinepest hilflos

Hinter den Kulissen versucht sich die ganze Branche, gegen einen Ausbruch zu wappnen – mit unsicherer Aussicht auf Erfolg. Unter “Schweinepest” versteht man zwei unterschiedliche virusbedingte Tierseuchen, die “Klassische Schweinepest” und die “Afrikanische Schweinepest”. Beide Tierseuchen befallen Haus- und Wildschweine, sind ansteckend, fieberhaft verlaufend und auf den Menschen nicht übertragbar. Die “Klassische Schweinepest” und die “Afrikanische Schweinepest” sind unheilbar. Im Seuchenfall ist der gesamte Tierbestand zu töten und unschädlich zu beseitigen. Im Gegensatz zur klassischen Schweinepest lässt sich die Afrikanische Schweinepest nicht durch Impfungen aus den Wild- und Haustierbeständen eliminieren: Es gibt keinen wirksamen Impfstoff. Dadurch ist zu befürchten, dass die Seuche über Jahre hinweg immer wieder aufflackern könnte.Deutschland gehört mit 5,53 Millionen Tonnen Schweinefleisch zu den weltweiten Schwergewichten in der Schweineproduktion. Für Landwirte würde hierzulande der Absatz einbrechen und hätte enorme und langfristige Konsequenzen für alle Beteiligten.
 

Die Fleischwirtschaft ist alarmiert

Spätestens seit Auftreten der ersten Fälle von Schweinepest in Polen und Tschechien – nur noch knapp 300 Kilometer Luftlinie von der deutschen Grenze entfernt – , ist die gesamte Fleischwirtschaft in Deutschland alarmiert. Welche Konsequenzen hätte ein Ausbruch in Deutschland für Fleischindustrie, Lebensmittelhandel-Absatz und Verbraucher? Im Interview mit der Lebensmittel-Zeitung befürchtet der Amtstierarzt Dr. Joachim Wiedner katastrophale Folgen. „Der Rohstoff Schwein wird knapp werden, weil der Handel mit lebenden Schweinen aus Restriktionsgebieten schwierig ist. Schweinehaltungen werden aufgeben, weil die Maßnahmen kein Ende finden. Schlachthöfe in diesen Gebieten werden stillgelegt, weil die Rentabilität fehlt. Lebensmittelproduzenten geben auf, weil der Handel nichts mehr abnimmt. Der Verbraucher weicht auf Produkte aus und viele Dinge mehr. Es gibt Berechnungen der Uni Göttingen, dass ein ASP-Ausbruch je nach Situation bis zu 1 Milliarde € an Schäden verursacht. Bisher ist es in keinem Land gelungen die ASP wieder zu tilgen, wenn sie erst einmal nachgewiesen wurde. Dies sind wahrlich keine rosigen Aussichten.“
 

Seuche macht Schweinefleisch knapp und teuer

Wenn Schweinefleisch knapp und wesentlich teurer würde, verbunden mit einem vermutlich enormen psychologischen Imageschaden, der dem Fleisch alleine durch die Verbindung mit dem Begriff Seuche wiederfahren, dürften davon allenfalls die Hersteller von vegetarischem Fleischersatz profitieren. „Beim letzten Seuchenzug der klassischen Schweinepest in Niedersachsen Mitte der 90er Jahre mussten allein in der Region Weser-Ems 1,5 Millionen Schweine getötet werden“, sagte Matthias Quaing, Marktreferent der Interessensgemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Der Verband, der etwa 10 000 von 24 000 Schweinehalter-Betriebe vertritt, schätzt, dass der Schaden durch die Afrikanische Schweinepest vor allem für die bäuerlichen Erzeugerbetriebe verheerende Folgen hätte. „Nicht zuletzt bedeuten Seuchenzüge immer eine riesige psychische Belastung für die Tierhalter und ihre Familien“, betont Quaing. Er schätzt, dass für viele von ihnen ein Seuchenzug das Ende ihrer Schweinehaltung bedeuten würde.
 

Was tun gegen die Afrikanische Schweinepest?

Aus Sicht der Behörden gilt es, die Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland und ggf. ihre Ausbreitung in den Schweinebeständen oder der Schwarzwildpopulation unbedingt so lange wie möglich zu verhindern! Insbesondere Touristen sind dazu aufgerufen, das Risiko der Einschleppung zu minimieren. Achtlos am Rastplatz entsorgte Reste eines Wurstbrotes oder anderer kontaminierter Schweineprodukte können sich  Wildschweine infizieren.  „Auf diesem Weg kann der Erreger innerhalb kurzer Zeit große Entfernungen zurücklegen und Sprünge vollziehen, die er schnell zu uns bringen könnten“, so die Leiterin des Nationalen Referenzlabors für Afrikanische Schweinepest am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Sandra Blome nach einem Bericht der Sächsischen Zeitung. Verbraucher, die in betroffene Regionen reisen, sollten vor allem an Folgendes denken:

  • Lebensmittel können (für den Menschen ungefährliche) Afrikanische Schweinepest übertragen. Bitte werfen Sie daher Speisereste nur in verschlossene Müllbehälter! Küchenabfälle oder Essensreste dürfen grundsätzlich nicht an Schweine (Haus- und Wildschweine) verfüttert werden!
  • Von unkontrolliert aus dem Ausland eingeführten Fleisch- und Wursterzeugnissen (z. B. durch Touristen oder ausländische Saison-Arbeitskräfte aus Ländern, in denen Schweinepest auftritt), geht ein erhöhtes Risiko aus.
  • Entsprechende Produkte sollten grundsätzlich nicht mit nach Deutschland gebracht werden.

Inzwischen hat auch das Bundeslandwirtschaftsministerium eine Informationskampagne gestartet. Seit Anfang August werden Passanten und Autofahrer an Grenzübergängen auf die Gefahren einer Einschleppung hingewiesen.

 Dr. Friedhelm Mühleib

 
Quelle: Weitere ausführliche Infos bei der Tierseucheninformation des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit LAVES

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