Schlagwortarchiv für: Darmkrebs

Darmkrebs – das bringen Screenings

Patienten mit mehr oder weniger starken Verdauungsbeschwerden gehören zum Alltag von Fachkräften in der Ernährungstherapie und –beratung. Immer wieder geht es dabei auch um die Frage der Patienten: „Brauche ich eine Darmspiegelung und wenn ja, gibt es verschiedenen Methoden und welche davon ist die beste?“ Eine Reihe von Screeningverfahren soll Darmkrebs bereits in einem frühen Stadium aufspüren und damit die Krebssterblichkeit und auch die Neuerkrankungsrate reduzieren. Doch für welche der Verfahren ist dies bislang ausreichend wissenschaftlich belegt?
 
Stuhltests und endoskopische Untersuchungen können die Darmkrebssterblichkeit senken, so  das Ergebnis einer umfassenden Bewertung der derzeitigen Darmkrebs-Screening-Verfahren durch eine internationale Expertengruppe der Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation.
 

Erwiesen: Wirksamkeit von Stuhltests und Darmspiegelung

Die Experten vergaben die Prädikate „ausreichend nachgewiesen“ ( für Verfahren, die die Neuerkrankungsrate bzw. Sterblichkeitsrate tatsächlich reduzieren) oder „eingeschränkt nachgewiesen“ wenn der Nachweis gar nicht oder nur unzureichend erbracht werden konnte. Als ausreichend nachgewiesen, die Darmkrebssterblichkeit zu reduzieren, stuften die Forscher die beiden stuhlbasierten Untersuchungen ein (immunologische Tests und der Guaiac-Enzymtest) – vorausgesetzt, sie werden regelmäßig alle zwei Jahre durchgeführt. Als ebenso ausreichend nachgewiesen bewerteten die IARC-Experten die Beweislage dafür, dass eine einzige Untersuchung mit einem der endoskopischen Verfahren die Sterblichkeit reduziert: Dazu zählt die so genannte „kleine Darmspiegelung“ (Sigmoidoskopie), die nur den letzten Teil des Dickdarms erfasst, sowie die Koloskopie, bei der der gesamte Dickdarm inspiziert wird.
 

Stuhltest für Neuerkrankungen: Nachweis nicht sicher

Die Reduktion der Darmkrebs-Neuerkrankungsrate dagegen ist nach den Erkenntnissen der IARC-Forscher bislang jedoch nur für die beiden endoskopischen Verfahren ausreichend belegt. Hier liegen Ergebnisse aus großen randomisierten Studien für die Sigmoidoskopie und zahlreiche Ergebnisse aus Beobachtungsstudien für die Koloskopie vor. Auf Basis der Auswertung der vorliegenden Studien kommen die Experten zum Schluss, dass eine Risikoreduktion für Neuerkrankungen ausreichend nachgewiesen ist, da in der Koloskopie eine Sigmoidoskopie enthalten ist und man bei der Spiegelung des gesamten Darms von einer noch größeren Effektivität ausgehen kann. Für den immunologischen Stuhltest dagegen ist die Studienlage hinsichtlich der Reduktion der Neuerkrankungsrate nach dem Ergebnis der Experten noch nicht ausreichend. Jedoch gibt es Hinweise, dass die immunologischen Stuhltests, wenn sie regelmäßig im Abstand von zwei Jahren durchgeführt werden, ähnlich viele Vorstufen und Karzinome im Darm aufspüren können wie eine einmalige Koloskopie.“ Sowohl bei den endoskopischen Verfahren als auch bei den Stuhltests überwog der Nutzen die Risiken der Untersuchung. Die bisherige Studienlage zum Screening des Dickdarms mit einer Computertomographie konnte die IARC-Experten dagegen nicht überzeugen.
 

docFood meint

Bei chronischen Verdauungsbeschwerden empfiehlt sich besonders bei älteren Patienten auch in puncto Darmkrebs besondere Vorsicht. Noch immer nutzen zu wenige Menschen die Vorsorgemöglichkeiten im Rahmen von Stuhltests und endoskopischen Methoden. Ernährungsfachkräfte können durch sachliche Information und Aufklärung helfen, das zu ändern und mehr Menschen zur Vorsorge zu bewegen.

Red.

Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums Dkfz

Kann Selen vor Darmkrebs schützen?

Kann eine gute Versorgung mit dem Spurenelement Selen vor Darmkrebs und anderen Darmerkrankungen schützen? Prof. Dr. Anna Patricia Kipp, Professorin für Molekulare Ernährungsphysiologie an der Universität Jena, ist überzeugt davon, dass es einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Selen und dem Schutz vor Darmkrebs gibt. Kipp hat u. a. Signalwege im Darm untersucht, die bei einer Unterversorgung mit Selen aktiviert werden. Die Behauptung „Selen hilft bei Darmkrebs“ lässt sich allerdings noch nicht beweisen.
 
Bis dahin ist nach Ansicht von Kipp immer noch viel Forschung nötig. Die Ergebnisse von Kipp sind Teile eines Puzzles, das irgendwann ein genaueres Bild der Wirkungen des Spurenelementes auf die Darmgesundheit vermitteln wird.
 

Selen: Nutzen und Schaden eng beieinander

Doch Vorsicht ist geboten: Für den Menschen liegen Nutzen und Schaden des Selens extrem eng beieinander. Ein Selenmangel macht sich zunächst meist mit unspezifischen Symptomen bemerkbar wie Müdigkeit, Haarausfall, schuppige Haut, Muskelschwäche, Leberfunktionsstörungen und Störungen der Magen-Darm Funktion bis hin zum Auftreten entzündlicher Darmerkrankungen. Ein chronischer Mangel an Selen wurde immer wieder auch mit steigendem Risiko für die verschiedensten Krebserkrankungen in Verbindung gebracht – allerdings bis heute ohne wirklich evidente Beweise.
 

Wieviel Selen braucht der Mensch?

Allerdings: Bei abwechslungsreicher Ernährung ist ein Selenmangel hierzulande eher unwahrscheinlich und selten. Um den Körper ausreichend mit Selen zu versorgen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Erwachsene die tägliche Aufnahme von 30 bis 70 µg, für Kinder je nach Alter 10 bis 60 µg. Die tatsächliche Selenzufuhr mit der Nahrung liegt in Deutschland mit 30 bis 40 µg relativ niedrig – aber immer noch gerade im ‚grünen‘ Bereich. In anderen Ländern, etwa in den USA oder in Südamerika, werden viel höhere Werte erreicht. Trotzdem beträgt der durchschnittliche Serumspiegel der deutschen Bevölkerung in Studien regelmäßig um die 80 µg/l. Werte zwischen 50 und 120 µg/l gelten dabei als normal. Wenn die Wissenschaftlerin Kipp mit ihren Aussagen über die Wirkung von Selen auf die Entstehung von Darmkrebs sehr zurückhaltend ist, dann sicher auch, um den Hype im Bereich der Nahrungsergänzungsmitteln um das Spurenelement nicht unnötig zu beflügeln.
 

Vorsicht vor zu viel Selen

Während Ernährungsmediziner eine tägliche Aufnahme von maximal 200 µg aus Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln empfehlen, sehen vorsichtige Toxikologen die Schwelle zu möglicher gesundheitlicher Gefährdung bereits bei einer Menge von 300 µg. Zu viel Selen macht sich in ähnlichen Symtomen bemerkbar wie zu wenig: Haarausfall, Hauterkrankungen, Diabetes, Leberstörungen – und ein erhöhtes Risiko für verschiedene Krebsarten, darunter Prostata- und Lungenkrebs. Wer die maximal empfohlene tägliche Aufnahmemenge aus Nahrungsmitteln und Supplementen von 300 bis 400 µg Selen dauerhaft überschreitet, muss mit den beschriebenen Nebenwirkungen rechnen: Also Vorsicht vor zu viel Selen!
 

docFood rät

Obwohl Selen also potenziell giftig ist, gab und gibt es im naturheilkundlichen Bereich zeitweise einen regelrechten Hype um das Spurenelement. Der Fitnesspapst Dr. Ulrich Strunz z. B. preist Selen als Wundermittel gegen Krebs an, mit dem sich angeblich zu bis zu 70 Prozent aller Prostata-, Lungen- und anderer Krebserkrankungen verhindern lassen. Das darf man getrost als Unsinn bezeichnen. Die Einnahme von Selenpräparaten z. B. zur Verbesserung der Darmfunktion oder zur Prävention von Darmkrebs ist nach dem Stand der Wissenschaft nur bei einem nachgewiesenen Mangel sinnvoll. Ansonsten aber kann Selen als Nahrungsergänzungsmittel eher schaden. Insbesondere in Kombination mit anderen Antioxidantien sind unerwartete Wechselwirkungen möglich. Prof. Helmut Schatz, Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, fasst die geltenden Empfehlungen zusammen: „Eine ausgewogene Ernährung versorgt den Körper ausreichend mit Selen. Wer das Gefühl hat, unterversorgt zu sein, sollte, bevor er zu Supplementen greift, mit seinem Arzt besprechen, ob er diese wirklich benötigt oder nicht.“

 Dr. Friedhelm Mühleib

Katerbringende Weihnachtszeit – Alkohol schadet auch dem Darm

Alle Jahre wieder. Zwischen Weihnachten und Neujahr knallen die Korken. Oft genug fließen mehr Wein, Bier und harte Sachen, als für Kopf und Bauch gut ist. Dann kommt das böse Erwachen: Kopf brummt, Verdauung kaputt. Da muss man nicht gleich an das Schlimmste denken – trotzdem sollten Ernährungsfachkräfte wissen: Alkohol gilt als einer der wichtigsten Risikofaktoren für Darmkrebs: Etwa jede zehnte Erkrankung steht im Zusammenhang mit dem Konsum Alkohol. Ernährungsfachkräfte sollten bei Patienten mit unklaren Darmsymptomen, die gleichzeitig an Alkoholkrankheit leiden, zu einer entsprechenden diagnostischen Abklärung raten.
Menschen mit Alkoholproblemen finden trotz wirksamer Behandlungsmöglichkeiten noch immer zu selten den Weg in eine Therapie, mahnt denn auch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in ihrer aktuellen Pressemeldung.
 

Alkohol – Risiken steigen mit der Menge

Wie Studien zeigen, steigt das Risiko für Dickdarmkrebs mit der Menge an konsumiertem Alkohol. Wer mehr als 50 Gramm Alkohol täglich trinkt, was ca. 0,4 Liter Wein oder einem Liter Bier entspricht, erhöht sein Darmkrebsrisiko um 50 Prozent. Um die Darmkrebsraten zu senken, sei das Minimieren verschiedener Risikofaktoren ein wichtiger Ansatz, so der Experte. Neben Alkohol zählen Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel zu den anerkannten Risiken. Mindestens ebenso entscheidend sei es jedoch, die Bevölkerung zur Darmkrebsfrüherkennung zu bewegen.
 

Früherkennung nutzen!

„Selbst eine rundum gesunde Lebensweise ist kein Garantieschein gegen Krebs, deshalb sollte jeder das Screeningangebot nutzen – in den meisten Fällen gibt es das gute Gefühl, gesund zu sein“, betont Trautwein. Alle Krankenversicherten können ab dem 50. Lebensjahr jährlich kostenlos Stuhlproben auf Blutspuren untersuchen lassen. Diese geben Hinweise auf gegebenenfalls vorliegende Tumore. Ab dem 55. Lebensjahr haben Patienten Anspruch auf eine Darmspiegelung, die alle zehn Jahre wiederholt werden sollte. Kleine Tumore oder Krebsvorstufen können noch während der Untersuchung entfernt werden.
 

docFood rät

In Deutschland trinken laut Bundesministerium für Gesundheit etwa 9,5 Millionen Menschen Alkohol in gesundheitsschädlichen Mengen. 1,3 Millionen gelten als alkoholabhängig, nur etwa jeder zehnte nimmt therapeutische Hilfe in Anspruch. Auch Ernährungsfachkräfte sollten betroffene Menschen in ihren Praxen bei entsprechenden Anzeichen über die Gefahren des Alkoholkonsums aufklären. Alkoholprobleme sind auch ein Thema der Primärprävention und Primärversorgung, neben dem Haus- oder in Facharzt gehört auch die Ernährungsfachkraft dazu. „Die Betroffenen müssen wissen, dass es sehr erfolgsversprechende Therapieansätze gibt, mit denen ihnen aus der Sucht geholfen werden kann.“ sagt der Gastroenterologe Professor Dr. med. Michael Manns. Trotz aller Vorsicht: Ein paar Gläschen in Ehren muss zwischen Weihnacht und Neujahr auch die Ernährungsfachkraft kaum jemandem verwehren

 Dr. Friedhelm Mühleib