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Detox-Wahn zwischen Wunsch und Wahrheit

Detox-Kuren, Detox Massagen, Detox Yoga und Detox im Asia-Style. Zum Start ins neue Jahr scheint ganz Deutschland im Detox-Rausch. Glaubt man der Wellnessindustrie, hat sich ein Großteil der Deutschen in der Weihnachtszeit komplett vergiftet. Die Rettung verspricht allein die Detox-Kur – schließlich heißt Detox nichts anderes als Entgiftung. Was ist dran am Detox-Versprechen, dem man in keiner Frauenzeitschrift und auf keiner Gesundheits-Website entgehen kann? Wir fühlen dem Detox-Wahn im Folgenden auf den Zahn.
                        
Detox-Massagen
Den Vollmond anheulen war gestern. Heute warten Detox-Fans stattdessen auf den Neumond. Denn im zarten Licht des Neumonds klappt das Entgiften angeblich am besten, vorzugsweise mit einer tiefenwirksamen Detox-Massage. Los geht es mit einem Peeling, das regt Lymphe und Durchblutung an. Danach werden Arme, Beine und der Rest mit einer Honig-Öl-Mischung eingerieben und nach außen ausgestrichen. Honig und Öl sollen in den Körper eindringen und dort dafür sorgen, dass sich Gifte lösen. Dann wird im Warmen entspannt – zu guter Letzt werden Honig und Öl wieder abgespült. Danach soll viel getrunken, leicht gegessen und ausgeruht werden. Entspannend ist das ganz bestimmt – doch muss man dafür den Begriff Detox bemühen? Denn entgiftet wird hier sicher nichts. Tatsächlich wirkt Honig als Antioxidant und antibiotisch – aber vor allem, wenn er gegessen wird. Wer glaubt, dass die Hautbarriere innerhalb einer halben Stunde durchlässig für Öl und Honig wird, mag seelig damit werden. Wir glauben’s nicht, und auch kein anderer Experte glaubt es.
 
Detox-Yoga
Viel bewegen hilft viel. Das ist gesund und kurbelt den Kreislauf an. Detox-Yoga wirbt damit, die Entgiftungsorgane durch entsprechende Bewegungen anzukurbeln, was die natürliche Reinigung des Körpers unterstützen soll. Die bessere Versorgung des Gewebes mit Blut bei körperlicher Aktivität hilft tatsächlich generell dabei, den Stoffwechsel in Schwung und die Lymphe in Fluss zu bringen. Das wusste man aber schon, bevor zum Yoga ein Detox kam, das völlig überflüssig ist.
 
Detox-Säfte
Mittlerweile bieten Abhol- und Online-Shops ganze Detox-Kuren im Komplettset oder sogar im Abo an. Oft handelt es sich dabei um Mischungen von Säften, Smoothies und Suppen. Kann man auch gut selber machen und fällt dann unter den Begriff Saftkur oder Saftfasten – kostet viel weniger und bewirkt dasselbe: Eine Entlastung des Verdauungstraktes, was mit Entgiftung garantiert nichts zu tun hat.
 
Asia-Detox
Bei Naturheilverfahren spricht man vom „Ausleiten“, wenn die Ausscheidung von Gift- und Schadstoffe aus dem Körper angeregt werden soll. So enthält die vierwöchige Asia-Detox-Kur Elemente aus gleich drei bekannten ausleitenden Methoden – den traditionell asiatischen Heilsystemen Ayurveda, TCM und Feng-Shui. Natürlich gibt es dabei Regeln: Milch, Kefir, Joghurt und Co. sind verboten, ebenso wie Alkohol, Softgetränke und Schokolade. Rohkost soll immer Zimmertemperatur haben. Beim Asia-Detox ist es ganz wichtig, dass die Zutaten frisch und bio sind, und dass die Gerichte gut gekaut werden: pro Bissen ca. 30- bis 40-mal. Zudem verlangt ein erfolgreiches Detoxing nach Asia Art mindestens sieben Stunden Schlaf pro Nacht. Yoga, Aromatherapie oder Akupressur unterstützen die Kur und kurbeln die Durchblutung in den Ausscheidungsorganen an. So beschleunigen sie den Stoffwechsel und damit das vermeintliche körpereigene Entgiftungsprogramm. Nicht zu vergessen: Wer beim Meditieren gedanklich in das jeweilige Organ hineinlächelt, stimuliert damit die Ausscheidung zusätzlich. Wir wollen niemand daran hindern, täglich 15 Minuten lang ein Lächeln mit wärmender Energie in die Leber zu senden. Das mag – wie die gesamte Asia-Detox-Kur – ausgesprochen gesundheitsfördernd und entspannend sein. Nur: mit Entgiftung hat das alles herzlich wenig zu tun Auch hier wäre unsere Empfehlung an die Erfinder: Lasst das falsche Detox einfach weg!
 
docFood meint
Viel trinken, viel bewegen, sich ernähren mit gesunder Kost – bestenfalls in Bio-Qualität. Dazu braucht es keine extra-teure Detox-Kur. Legen Sie regelmäßig Entlastungstage ein, wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihrer Gesundheit zuträglich ist. Das sind Tage, an denen der Magen-Darm-Trakt nicht durch große Mengen, schwere Gerichte oder Junk Food belastet wird, sondern sich bei der relativ leichten Verdauung von Saft und Suppe erholen kann.

Julia Hintzen

Alles muss raus: Was bringt Detox?

Die fetten Tage sind vorbei. Die Feiertage haben ihre Spuren hinterlassen: Nicht nur die Hose zwickt, sondern auch das schlechte Gewissen. Neben übereilten Fitness-Studio-Abos und Diät-Vorsätzen sind Detox-Kuren einer der Renner zum Jahresbeginn. Aber was ist dran am Detox-Trend? Die Kuren versprechen in erster Linie Entschlackung und gesteigertes Wohlbefinden: Schluss mit fahlem Teint, Müdigkeit und schwachem Immun-system. Schlacken raus, Vitalität rein. Wissenschaftlich ist ihre Wirksamkeit alledings nicht belegt.
 
Vor allem Giftstoffe, die über Chemikalien oder Fast Food in den Körper gelangen und sich dort als „Schlacke“ ablagern sollen, stehen im Fokus der Entgiftungskur. Ums Abnehmen geht es dabei weniger. Ziel ist die Reinigung des Körpers, dazu verzichtet man einige Tage auf stark übersäuernde Lebensmittel wie Fleisch, Käse, weißes Mehl, und Süßigkeiten sowie auf Nikotin und Alkohol. Vor dem Start wird der Darm entleert, es folgen zwei Obst- und Gemüsetage. Während der eigentlichen Kur wird ballaststoffreich gegessen – hauptsächlich Obst und Gemüse sowie Rohkostsäfte. Viel trinken, vor allem grünen Tee, Smoothies, Sauna und Yoga – das alles gehört mit zum Programm. Früher hieß die Prozedur einfach Heilfasten. Heute ist Detox ein Marketing-Begriff, der werbewirksam die Aufmerksamkeit auf sich zieht und Produktpreise in die Höhe steigen lässt: Tee, Duschgel, Peeling, Nahrungsergänzungsmittel – die Liste der Detox-Produkte wächst stetig. Dabei sind sie alle wirkungslos, wie ein Test der Stiftung “Sense About Science” herausfand.
 
Wirksamkeit ist nicht belegt
“Die Detox-Tipps einzeln für sich genommen sind nicht per se schlecht, aber tatsächlich werden hier Halbwahrheiten zusammengerührt und mit haarsträubenden Begründungen zu einem Konzept erhoben, das keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand halten würde”, sagt Prof. Stephan Bischoff, Ernährungsmediziner an der Universität Hohenheim. “Diese propagierte Schlacke gibt es nicht”, betont er. Einem vergifteten Körper hingegen könne auch nicht mit Detox geholfen werden.Was aber wirkt, so der Physiologie-Professor Simon Brookes von der Flinders University in Australien, ist der Placebo-Effekt: „Viele Leute sind tatsächlich überzeugt, dass etwas funktioniert, wenn sie glauben, es sei gut für sie. Und sie glauben noch stärker daran, wenn das Produkt möglichst viel kostet und fürchterlich schmeckt.“
 
Das beste Detox-System: Leber & Co.
Leber, Niere und Verdauungstrakt schleusen Gifte innerhalb weniger Stunden aus dem Körper heraus oder neutralisieren sie. Detox-Kuren helfen nicht dabei, diese natürlichen Prozesse anzukurbeln. Sie gleichen weder schlechte Ernährungsgewohnheiten nicht aus noch lösen sie andere gesundheitliche Probleme. Schaden können kurze Detox-Auszeiten allerdings nicht. Erst nach mehr als ein bis zwei Wochen besteht das Risiko, in eine Nährstoffunterversorgung abzurutschen.
 
docFood meint:                
Zeitlich begrenzte Detox-Kuren über wenige Tageh können tatsächlich helfen, den Stoffwechsel nach Schlemmer-Phasen zu entlasten. Bestenfalls erleichtern sie den Umstieg zu einem bewussteren Essverhalten. Langfristige Ernährungssünden können sie aber nicht ausbügeln. Auch wenn es banal klingt, gilt auch hier: Essen Sie ausgewogen, bewegen Sie sich regelmäßig und schlafen Sie genug – das ist der Königsweg zu mehr Wohlbefinden. Das Hauptversprechen der Detox-Kuren – Entgiftung und Entschlackung – ist allerdings nur ein Werbe-Gag und gehört ins Reich der Märchen.

Julia Hintzen

Bild: Fotolia © Dessie