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Metformin: Diabetesmedikament verändert Darmflora

Ernährungsfachkräfte kennen das: Diabetiker, die Metformin einnehmen, kommen mit hartnäckigen Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Übelkeit und Erbrechen in die Beratung. Beschwerden im Gastrointestinaltrakt gehören zu den häufigsten Nebenwirkungen des blutzuckersenkenden Medikamentes. Wie Untersuchungen von Wissenschaftlern am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg zeigen, könnten die Ursache sowohl für die Wirkung als auch für die Nebenwirkungen des Arzneistoffs von der Darmflora vermittelt sein. Aus den Ergebnissen leiten die Wissenschaftler die Hoffnung ab, dass sich durch die Beeinflussung der Darmflora Nebenwirkungen  des Metformins und auch anderer Medikamente minimieren lassen.   
 
Die Forscher um Studienleiter Peer Bork und Oluf Pedersen verglichen Stuhlproben von mehr als 700 Personen, unter ihnen sowohl Patienten mit Diabetes Typ 2 als auch gesunde Probanden. Dabei stellte sich das Team unter anderem die Frage, ob sich anhand der Zusammensetzung der Mikroben im Stuhl mit Sicherheit bestimmt lässt, ob ein Mensch an Diabetes erkrankt ist. Dabei machten die Wissenschaftler eine interessante Entdeckung: Es gibt demnach zwar offensichtlich keine spezifische Diabetiker-Darmflora – es sei denn, sie nehmen das Medikament Metformin. Mit Metformin behandelte Patienten, hatten wesentlich mehr Escherichia coli Bakterien und weniger I. Bartletti Bakterien als Gesunde und andere Patienten, die kein Metformin nahmen.
 

Medikamente: Bakterien reagieren empfindlich

“Es überrascht, dass ein einzelnes Medikament eine solch  deutliche Veränderung der Darmflora bewirken kann,” so Peer Bork, Studienleiter  am EMBL. Bedenkt man, wie viele Medikamente es gibt und wie viele Menschen täglich mehrere Medikamente einnehmen, wird Borks Ansicht nach deutlich: Wenn nur ein Bruchteil der Medikamente eine solche Wirkung hat, könnte dadurch die Darmflora entscheidend verändert werden.  Damit ist nach Borks Ansicht klar: “Die Ergebnisse veranschaulichen einmal mehr: Wir sind nicht allein. Die Medikamente, die wir einnehmen, haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf uns selbst. Sie können auch einen tiefgreifenden Einfluss auf unsere mikrobiellen ‚Mitbewohner’ haben!“
 

Darmflora – Ansatz für neue Therapien

Die Annahme, dass die offensichtlichen Unterschiede in der Zusammensetzung der Darmflora  auch Auslöser für einige der Nebenwirkungen von Metformin sind – speziell der Magen-Darm-Beschwerden – bietet für die Wissenschaftler Perspektiven auf ganz neue Therapien.  Kristoffer Forslund aus der Forschungsgruppe von Peer Bork meint: “Wenn man die Nebenwirkungen minimieren möchte, könnte die Darmflora ein Ansatzpunkt sein!” Es wäre durchaus denkbar – so der Wissenschaftler – dass Patienten, die Metformin nehmen, eines Tages zum Beispiel einen Joghurt oder ein Nahrungsergänzungsmittel bekommen, um ihre Darmflora im Gleichgewicht zu halten.
 

Tipp von docFood

Am kommenden Wochenende sind die Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Darmflora wieder Thema eines Fachseminars für Ernährungsfachkräfte im freiraum. Dr. Maike Groeneveld,  Ernährungswissenschaftlerin, Douentin und Fachautorin mit eigener Praxis in Bonn und Dipl. oec. troph. Ute Körner Ernährungstherapeutin, Fachdozentin und   Buchautorin mit eigener Praxis in Bornheim referieren zum Thema “Mikrobiota und Ernährung”, bei dem die Rolle der Mikrobiota bei Diabetes ein wichtiger Teilaspekt ist. Das Seminar ist leider bereits ausgebucht. Interessierte können sich für den nächsten Termin vormerken lassen.

 Dr. Friedhelm Mühleib

Divertikel – Junge Menschen trifft es immer öfter

Meist verursachen sie keine Probleme, doch wenn sie sich entzünden, können sie Beschwerden und sogar schwere Komplikationen hervorrufen: Divertikel – Ausstülpungen an der Darmwand. Sie sind eine typische Alterserscheinung: Mehr als 60 Prozent der über 70-Jährigen haben sie. Zunehmend sind aber auch junge Menschen betroffen. Auch bei unter 40-Jährigen sollten Ärzte daher bei Unterbauchbeschwerden eine Divertikelkrankheit in Betracht ziehen. Dies teilen Experten der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) im Vorfeld ihres Kongresses Viszeralmedizin 2014 in mit. In einer aktuellen Leitlinie empfehlen sie neue Behandlungsstrategien gegen die Erkrankung.
Beschwerden im Unterbauch, vor allem auf der linken Seite, sowie Begleitsymptome wie Blähungen, Verstopfung, Durchfall oder Fieber, können auf eine Divertikulitis, also auf eine Entzündung der Divertikel, hinweisen. Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt oder verläuft kompliziert, kann es etwa zu einem Abszess im Bauchraum oder einer Bauchfellentzündung kommen. „In den letzten Jahren beobachten wir, dass immer häufiger auch junge Menschen von diesem – eigentlich als Altersphänomen zu bezeichnenden – Leiden betroffen sind“, sagt der Kölner Professor Dr. med. Wolfgang Kruis. Nach Schätzungen von Experten ist die Zahl der Divertikulitis-Patienten im Alter zwischen 18 und 44 Jahren in den letzten 10 Jahr um mehr als 30% gestiegen.
 

Oft sind Lebens- und Ernährungsgewohnheiten schuld

Grund für die Zunahme sind die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten moderner Industriegesellschaften: Zu wenig Ballaststoffe, keine ausreichende Bewegung, Tabak- und Alkoholkonsum. Um eine Erkrankung zu vermeiden, müsse deshalb in erster Linie beim Lebensstil und der Ernährung angesetzt werden, so die Experten. In einer erstmalig aufgelegten Leitlinie „Divertikulitis/Divertikelkrankheit“ haben die Mediziner nun aktuelle Forschungsergebnisse zusammengefasst und neue Empfehlungen für Diagnose und Therapie erarbeitet. „Bei der Gabe von Antibiotika etwa empfehlen wir heute deutlich mehr Zurückhaltung“, erklärt Professor Dr. med. Christoph-Thomas Germer (Universitätsklinik Würzburg). „Bei unkomplizierten Verläufen sollten Antibiotika nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen“. Denn eine leichte und einmalige Entzündung heile oftmals von alleine aus.
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Operation erst, wenn sonst nichts mehr hilft

Auch bei der Behandlung chronischer Verläufe gibt die Leitlinie neue Empfehlungen: „Die bisher verbreitete Ansicht, dass nach dem zweiten Entzündungsschub operiert werden sollte, wird inzwischen kritisch gesehen. Auch die Zahl der Schübe allein ist nicht länger wichtigstes Kriterium für einen chirurgischen Eingriff – vielmehr muss der behandelnde Arzt in jedem Einzelfall entscheiden“, so Germer und fordert im Rahmen der Diagnose den stärkeren Einsatz bildgebender Verfahren. „Bei einer Ultraschalluntersuchung kann der Facharzt den Schweregrad der Entzündung erkennen und daraus die angemessene Behandlung ableiten. Die neue Leitlinie soll nicht nur Klarheit schaffen, die Diagnose beschleunigen und die Therapie verbessern, sondern auch mehr Bewusstsein und Sensibilität für eine der häufigsten Darmerkrankungen in der medizinischen Praxis schaffen.
 

Tipp von docFood:

In der aktuellen Broschüre der Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention FET e.V. finden Sie alles Wissenswerte zum Krankheitsbild sowie wichtige Aspekte der Ernährungstherapie, um eine Entzündung der Divertikel zu verhindern.