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Schokolade und so…

26. Januar 2017: Heute endet – rein theoretisch – die Schokoladenzeit. Jeder Deutsche verzehrte 2016 im Durchschnitt 32,71 Kilo Süßwaren. Den größten Anteil hatten die Schokowaren mit knapp zehn Kilo, gefolgt von Zuckerwaren wie Fruchtgummi / Bonbons (5,78 kg) und Backwaren wie Keksen. Zehn Kilo Schokowaren – das entspricht gut 50.000 Kalorien. Menschen mit einem durchschnittlichen täglichen Kalorienbedarf von ca. 2000 Kalorien könnten sich also – rein theoretisch – mit dieser Menge 25 Tage lang ausschließlich von Schokowaren ernähren. Also vom ersten Januar bis heute. Ganz schön viel.
 
Zum Glück haben die wenigsten ihr Kontingent schon ausgeschöpft. Denn am Wochenende öffnet das Paradies für Schokofreaks seine Tore: Die Internationale Süßwarenmesse in Köln beginnt – mit dem wohl größten Schokoladenangebot der Welt. Zur ISM in Köln (Internationale Süßwarenmesse) werden vom 29. Januar bis 1. Februar 1650 Aussteller (plus 2,5 Prozent) aus 68 Nationen sowie 38 500 Besucher erwartet.
 

Deutschland – das Naschparadies

Gemeinsam mit den Schweizern sind die Deutschen die uneingeschränkten Weltmeister im Schokoladenverzehr. Sogar die Amerikaner kommen nur auf ca. sechs Kilogramm Schokolade pro Kopf und Jahr, während der Chinese im Durchschnitt gerade mal  lächerliche 200g Schokolade – ganze zwei Tafeln pro Jahr – knabbert. Insgesamt wurden im Jahr 2015 in Deutschland ca. 1,1 Mio. t Schokoladewaren im Wert von 5,4 Mrd. Euro produziert. Dabei ist Schokolade hierzulande unschlagbar billig: Nach einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Nielsen sind Schokolade und andere Süßwaren nirgends in Europa billiger als in Deutschland. Die Marktforscher haben einen Warenkorb mit 16 Markenprodukten zusammengestellt, darunter die Gummibären von Haribo, eine Ritter-Sport-Nuss-Schokolade, ein Glas Nutella, Oreo-Kekse, Tuc-Cracker, einen Mars-Schokoriegel und die Minzbonbons von Fisherman’s Friend. Dafür zahlen Deutsche Verbraucher im Durchschnitt gerade einmal läppische  20,87 Euro (Stand Oktober 2016). Im europäischen Durchschnitt berappen die Kunden für die identische Auswahl an Produkten stolze 28,30 Euro.
 
Wissenschaft: Freibrief für Schokolade
Der Deutsche futtert seine Schokolade inzwischen mit reinstem Gewissen. Das haben sie der Wissenschaft und der Presse, beide unterstützt von der Lobby der Süßwarenhersteller, zu verdanken. Galt Schokolade bis in die 90er Jahre als schwerste Ernährungssünde, ist sie inzwischen wissenschaftlich reingewaschen. Sozusagen fast über jeden Verdacht erhaben, eigentlich schon ein Muss für jeden, der sich gesund ernähren will. Dabei wird die Schokolade durch die jüngsten Trends geadelt: Schokolade aus fair gehandeltem Kakao, der natürlich aus BIO-Anbau stammt, in vegetarischen oder gar veganen Varianten. Das Ganze in der hypoallergenen, fett- und zuckerreduzierten Version. Unsere tägliche Schokolade gib uns heute. Das alles spricht dafür, dass Schokolade das kommende Grundnahrungsmittel Nummer eins sein wird.
 
So gesund soll Schokolade sein
Denn Schokolade ist ja soo gesund. Zumindest soll sie gesund sein – im Grunde ist Schokolade Super-Food im Quadrat. Spaß beiseite: Inzwischen gibt es weltweit Dutzende von Studien, die eine Vielfalt positiver gesundheitlicher Wirkungen der Schokolade zu belegen scheinen. Die Wichtigsten hier in Kürze:
●Schokolade kann durch ihren Gehalt an Flavonoiden (im Kakao) den Blutdruck senken. ●Schokolade mit hohem Kakaoanteil kann sich positiv auf weitereHerz- Kreislauf-Risikofaktoren wie Elastizität der Blutgefäße, Blutfettwerte und sogar auf die Insulinresistenz auswirken. ●Moderater Schokoladenkonsum wird mit einem verminderten Risiko für Herzkrankheiten und Schlaganfall in Verbindung gebracht. ● Häufiger Schokoladenkonsum war in verschiedenen Studien mit einem niedrigeren Body Mass Index korreliert, vor allem auch bei Jugendlichen. ● Eine Auswertung von 19 Studien ergab, dass die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit dem höchsten Konsum von Süßigkeiten und Schokolade um 18% niedriger als bei den Durchschnittsnaschern war. ●Schokoladenprodukte sollen einen Schutzfaktor für die Nerven darstellen und die geistige Leistungsfähigkeit verbessern (.. bedingt durch neurochemisch wirksame Inhaltstoffe aus der Kakaobohne). ● Eine Untersuchung zeigte eine „inverse Korrelation“ von Schokoladenverzehr und Diabetes Typ-2: Teilnehmer, die nie oder kaum Schokolade aßen hatten ein fast doppelt so hohes Risiko im 5- Jahres Beobachtungszeitraum an Diabetes zu erkranken wie Probanden, die öfter als einmal pro Woche Schokolade aßen – siehe hierzu auch die Pressemeldung des oecotrophologen Uwe Knop.
 
Wieviel Schokolade darf man essen?
Wenn einem so viel Gutes wiederfährt, ist das also die tägliche Tafel Schokolade wert – oder? Bei so vielen guten Nachrichten kapituliert auch die Ernährungswissenschaft. Zumindest sind heute diejenigen zum Schweigen gebracht, die früher vor zu viel Schokolade gewarnt haben. In einem Übersichtsartikel in der Fachzeitschrift Ernährungs Umschau schreibt die Oecotrophologin Angela Bechthold: „Über eine gesundheitsförderliche Verzehrsmenge an Schokolade kann bisher nur spekuliert werden. Es ist derzeit nicht möglich, die wissenschaftliche Literatur zu den Gesundheitseffekten von Kakao und Schokolade in Ernährungsempfehlungen für die Bevölkerung umzusetzen – auch wenn viele es sich wünschen würden.“
 
docFood meint:
Ich bin nach dem Verfassen dieses Artikels ganz ausgelaugt, und mein Körper verlangt nach einem Stück Schokolade – auch zur Regeneration meiner geistigen Leistungsfähigkeit. Ganz sicher bin ich allerdings nicht, ob mich der Schokosnack tatsächlich spontan zu neuen geistigen Höhenflügen anspornen wird. Nun wünsche ich den geneigten Lesern viel Genuss beim (regel)mäßigen Verzehr köstlicher Schokolade; rate aber gleichzeitig zu einer gewissen Skepsis, was die allfälligen gesundheitlichen Lobpreisungen der Schokolade betrifft.

Friedhelm Mühleib

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