Senioren: Zu viele sind mangelernährt
Zwischen 20 und 50 Prozent der älteren Patienten in deutschen Krankenhäusern sind mangelernährt. In Pflegeheimen sind Studien zufolge bis zu 60 Prozent der Bewohner, unter den zu Hause lebenden Senioren etwa 10 Prozent, stark untergewichtig. Mangelernährung begünstigt Infektionskrankheiten, Stürze und den Verlust kognitiver Fähigkeiten, warnt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in ihrer Pressemeldung von heute. Studien belegen, dass ein schlechter Ernährungszustand zu zusätzlichen Pflegekosten, längeren Krankenhausaufenthalten und erhöhtem Sterberisiko führt. Um dem vorzubeugen, fordert die DGVS eine einheitliche Erfassung des Ernährungszustands von Patienten in Kliniken und Pflegeheimen. Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit sollten für Angehörige und Pflegekräfte ein Warnsignal sein.
Mit zunehmendem Alter lassen Geschmacks- und Geruchssinn nach. Häufig geht das natürliche Appetitgefühl durch Kau- und Schluckbeschwerden oder psychische Erkrankungen, wie eine Depression, verloren. Auch Krankheiten, etwa schwere Infektionen, Krebs oder eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) können dazu führen, dass ältere Menschen über längere Zeit die Nahrungsaufnahme vernachlässigen.
Lebensqualität hängt vom Ernährungszustand ab
„Unterernährung bei älteren Menschen sollte so früh wie möglich festgestellt und behandelt werden“, sagt Ernährungsmediziner Professor Dr. med. Johann Ockenga, Direktor der Medizinischen Klinik II am Klinikum Bremen Mitte. Ein Body Mass Index (BMI) von 20,5 kg/m² oder weniger, aber auch ein erheblicher vorangegangener Gewichtsverlust können auf eine Mangelernährung hinweisen. Einen hohen Gewichtsverlust könnten insbesondere Senioren häufig nicht mehr aufholen, warnt der Experte. „Dabei hängen Lebensqualität und Gesundheit sehr stark vom Ernährungszustand ab“.
Mangelernährung frühzeitig erfassen
Um im Zweifelsfall schnellstmöglich mit der Ernährungstherapie zu beginnen, sei es insbesondere bei älteren Patienten unbedingt nötig, den Ernährungszustand bei Einlieferung ins Krankenhaus oder Aufnahme in ein Pflegeheim einheitlich und regelmäßig zu erfassen. „Es existieren bereits standardisierte Tests, mit denen sich das Risiko einer Mangelernährung verlässlich ermitteln lässt“, sagt Ockenga. „So benötigt man zum Beispiel für ein Nutritional Risk Screening, welches sowohl von der DGVS als auch in den aktualisierten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) empfohlen wird, lediglich eine Waage und ein paar Minuten Zeit.“ Ganz wichtig ist, so Ockenga, „dass hier alle Beteiligten, also Patienten, Angehörige, Pflegepersonal und Ärzte, eng zusammenarbeiten und nötigenfalls auch einen spezialisierten Ernährungsberater oder -mediziner hinzuziehen“.
Redaktion docFood
Quelle: DGVS
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) vereint als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet mehr als 5.000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Leider wird in diesem Artikel zu wenig auf die Ursachen eingegangen: Die Menschen gehen wesentlich später in ein Pflegeheim, nämlich erst dann, wenn sie nicht mehr alleine leben können bzw. der ambulante Pflegedienst nicht mehr ausreicht. Fazit: Die Ursache einer Mangelernährung liegen häufig in der Zeit, als sie noch zu Hause lebten und eigentlich mit der Situation überfordert waren. Wichtig wäre deshalb neben der Pflege ein hauswirtschaftlicher Dienst, der sich um die Ernährung bzw. Einkauf, Hilfe bei der Zubereitung von Essen etc. unterstützt.