Diabetes: Low Carb statt Antidiabetika

Weniger Kohlenhydrate und mehr Bewegung können selbst bei fortgeschrittenem Typ2-Diabetes bessere Ergebnisse als Antidiabetika erbringen. Das zeigt einem Bericht der ÄrzteZeitung zufolge eine neue, noch unveröffentlichte Studie, die Prof. Stephan Martin vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum in Düsseldorf auf dem jüngsten Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) vorstellte. Ernährungsfachkräften, die sich mit kohlenhydratreduzierten Diäten bzw. Low Carb auseinandergesetzt haben, dürfte dieses als Überraschung bewertete Ergebnis nur ein müdes Lächeln entlocken.
 

Low Carb – verbesserte Werte, weniger Gewicht

Die 200 Teilnehmer der bisher noch nicht publizierten Studie zum telemedizinische Lebensstil-Interventions-Programm (TeLiPro) wurden nach dem Zufallsprinzip in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Binnen drei Monaten, so fasst es die ÄrzteZeitung in ihrem Kongressbericht zusammen, verbesserte sich der Zustand der Probanden in der Interventionsgruppe erheblich: Während der HbA1c in der Kontrollgruppe nur um 0,2 sank, ging er in der Interventionsgruppe um 1,0 Prozent zurück. Nach einem Jahr lag der HbA1c in der Interventionsgruppe immer noch um 0,7 Prozentpunkte unter dem Ausgangswert. Die Reduktion gelang, obwohl in dieser Gruppe parallel orale Antidiabetika und Insulin wegen Hypoglykämiegefahr deutlich reduziert wurden. Zudem verloren die Interventions-Patienten im Schnitt 6 kg Gewicht; ihr systolischer Blutdruck sank um 5,7 mm Hg.
 

 Diät, Motivation und Bewegung

Die Teilnehmer hatten zu Beginn der Studie im Schnitt seit elf Jahren Diabetes, wie die ÄrzteZeitung ausführt. Sie waren in der Mehrzahl adipös (mittlerer BMI 36) und hatten trotz Therapie mit zwei Antidiabetika (dazu gehörte zum Teil Insulin) keine befriedigende Stoffwechseleinstellung (HbA1c 8,3 Prozent). Die Interventionsgruppe startete mit einer Diät (eine Woche Formuladiät mit 1200 kcal/ Tag, an die sich die langsame Umstellung auf kohlenhydratarme Dauerkost anschloss – das ganze begleitet von einem Motivationstraining. Zudem wurden die Teilnehmer mit Schrittzähler und  Körperwaage ausgestattet, deren Werte automatisch an ein geschütztes Internetportal übertragen wurden. Interventions-Patienten erhielten zudem über drei Monate jede Woche ein telemedizinisches Coaching von Diabetesberaterinnen, sie nahmen strukturierte Blutzuckerselbstmessungen vor.
 

docFood meint

Es verwundert, dass die Ergebnisse der Studie von Martin als Neuigkeit gehandelt werden – predigen die Befürworter kohlenhydratreduzierter Kostformen doch schon seit Jahren die Vorteile von Low Carb, auch bei Typ 2-Diabetes und metabolischem Syndrom. So zeigte z.B. noch kürzlich eine Studie im American Journal of Clinical Nutrition die Überlegenheit einer Low Carb-Diät im Vergleich mit einer Low Fat Diät bei identischer Kalorieneinschränkung und entsprechend vergleichbarer Gewichtsreduktion. Die Low Carb-Diät erzielte – trotz deutlich stärkerer Medikamenteneinsparung – eine bessere Blutzuckerkontrolle und günstigere Blutfettwerte als eine für Diabetiker übliche fettarme, kohlenhydratbetonte Diät. Es ist nur eine von inzwischen vielen Studien, die immer wieder zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Der Ernährungswissenschaftler und Low Carb-Befürworter Prof. Nicolai Worm kommentiert die aktuelle Lage mit der Bemerkung: Trotz solcher eindeutiger Belege „erlebe ich immer noch regelmäßig, dass Schulungen, die solche Kenntnisse vermitteln, von Krankenkassen bzw. ihrem Spitzenverband pauschal abgelehnt werden. Sind Krankenkassen eigentlich an Einsparungsmöglichkeiten bei den immensen Therapiekosten von Diabetikern nicht interessiert?“ Anscheinend nicht – vor der herrschenden Lehrmeinung, getragen von der Phalanx  aus Pharmaherstellern und DGE, deren Empfehlungen zum Kohlenhydratverzehr immer noch wie in Beton gegossen stehen, kriechen offensichtlich auch die Kassen zu Kreuze – oder verschließen (wider besseres Wissen?) ganz einfach die Augen.

 Dr. Friedhelm Mühleib

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