Salz sparen – aber bitte nicht so
Wieder einmal werden Ärzte in einem aktuellen Beitrag in der Ärztezeitung auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Salzkonsum von Hypertoniepatienten zu senken. Absender der Nachricht ist nicht etwa ein Ernährungsexperte, sondern die Pharmaindustrie. Um genauer zu sein: das Unternehmen Novartis, einer der BigPlayer im Geschäft mit Medikamenten zur Therapie des Bluthochdrucks. Auf www.salzsparen.de ruft Novartis jetzt zur Salzspar-Challenge auf. docFood berichtet, warum die Chancen auf Erfolg gering sind.
Die Ärztezeitung zitiert einen Novartis-Experten, der sinngemäß rät: In der Therapie sind nicht nur Antihypertensiva wichtig, sondern auch die Umsetzung lebensdiätetischer Maßnahmen.
Salz sparen gehört zur Behandlung des Bluthochdruck dazu.
Dazu gehört demnach auch eine Salzrestriktion. Epidemiologische Daten sprächen dafür, die tägliche Salzzufuhr von bisher 10-12 g auf 5-6 g zu reduzieren. Dadurch könne der Blutdruck um 6-8 mmHg gesenkt und jeder zehnte kardiovaskuläre Todesfall verhindert werden. Es dauere allerdings einige Wochen, bis der Blutdruck senkende Effekt der Salzrestriktion zum Tragen komme. Hypertoniker sollten ihren Salzkonsum kritisch überdenken und an den richtigen Stellen Salz einsparen, so der Novartis-Mann. Dies erfordere aber eine intensive Kommunikation zwischen Hausarzt und Patient. Der Patient müsse wissen, dass vor allem Fertigprodukte und verarbeitete Lebensmittel viel verstecktes Salz enthalten. Leider haben die meisten Ärzte keine Ahnung vom Salzgehalt einzelner Lebensmittel, weil sie Ärzte und keine Ernährungsfachkräfte sind – und zudem fehlt ihnen die Zeit.
Die Salzspar-Challenge
Mit der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Ernährungsfachkräften hapert es leider nach wie vor. Die Folge: angesichts Kosten von knapp 17 Milliarden durch ernährungsmitbedingte Erkrankungen geht da ein immenses therapeutisches Potenzial verloren.. Da will nun im Falle der Hypertonie Novartis helfen, mit einer sehr schönen Website mit dem sinnigen Namen www.salzsparen.de. Schön ist sie, die Seite – aber leider nicht praktisch und dadurch geht sie am Ziel vorbei. Derzeit stehen da 54 ansprechende Rezepte – und jeweils am Ende des Rezepts eine Zahl, die dem Leser sagt: So viel Salz hast Du gespart. Das ganze heißt Salzspar-Challenge: „Mit wenig Salz schmeckt’s auch. Verändern Sie Ihren Lebensstil hin zu einer gesünderen, salzarmen Ernährung und stellen Sie sich der Salzspar-Challenge! Die vielfältigen Gerichte helfen Ihnen, Salz einzusparen.“ Und gespendet wird auch noch „Klicken Sie einfach auf die unten stehenden Rezept-Kacheln und tun Sie Gutes für sich und andere – denn pro Gramm eingespartem Salz unterstützt Novartis gemeinnützige Organisationen mit einem Euro.“ (…ob man bei Novartis weiß, dass geklickt noch längst nicht gekocht ist?)
docFood urteilt:
Gut gemeint, aber vollkommen sinnlos. Warum ist das Blödsinn? Weil die Zahl im beratungsfreien Raum steht – losgelöst von allgemeinen Empfehlungen. Und überhaupt: Im Vergleich wozu wird da gespart? Verglichen wird fast ausschließlich mit Fertigprodukten, die eh kein halbwegs gesundheitsbewusster Mensch benutzt. In der zur Website verfügbaren Broschüre gibt es noch nicht mal eine Liste der wichtigsten Salzlieferanten in unserer Ernährung. Wie schwach ist das denn? Fazit: www.salzsparen.de ist ein netter und vor allem schöner Marketing-Gag, aber leider vollkommen sinnlos. Was auch dadurch nicht besser wird, dass die (meisten) Rezepte von honorigen Ärzten stammen. Ob die wohl jemals am Herd standen? Vielleicht hätte Novartis bei der Konzeption der Seite ein paar Ernährungsfachkräfte hinzuziehen sollen. Dann hätt’s mit dem Salzsparen sicher besser geklappt.
Friedhelm Mühleib
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