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Jetzt Butter für Weihnachten hamstern!

Wussten Sie schon, dass man Butter hervorragend einfrieren kann? Vielleicht sollten Sie schon mal ein Fach ihrer Truhe für Butter reservieren. Denn derzeit ist das köstliche Milchfett nicht nur teurer denn je – die Preise drohen zudem immer weiter zu steigen. Die Lage an der europäischen Butterfront ist derart dramatisch,  dass der Chef des dänisch-schwedischen Molkereikonzerns Arla in London die britische Bevölkerung noch kürzlich davor gewarnt hat, dass vor Weihnachten die Butter knapp werden könnte.
 
Im August hat sich der Steilflug der Butterpreise fortgesetzt. Dieser hatte im Juli eine kurze Pause eingelegt. Zuletzt zogen die Preise erneut an und erreichten damit eine neue Rekordhöhe. Sogar bei den Discountern hat inzwischen das billigste 250g-Päkchen die Schallgrenze von zwei Euro erreicht.
 

Geht ab wie geschmiert: Der Butterpreis

Markenbutter hat diese Marke bereits um einiges hinter sich gelassen: Die Päckchen einer bekannten irischen Buttermarke im Kühlregal unserer Supermärkte sahen immer schon wie kleine Goldbarren aus. Gefühlt nähert sich nun auch ihr Preis dem des Goldes. Der Preis für ein Päckchen Markenbutter hat sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Wenn aktuell die Lebenshaltungskosten steigen, ist diese Entwicklung besonders von den Lebensmittelpreisen getrieben. Milch und Milchprodukten, allen voran die Butter, spielen dabei eine wichtige Rolle – und ein Ende der Preisspirale ist nicht in Sicht. Vergessen sind die Demonstrationen der Milchbauern, die noch vor Jahresfrist auf die Straße gingen, um gegen die Dumpingpreise für ihre Milch zu protestieren. Genau diese Dumpingpreise sind einer der Gründe dafür, warum die Verbraucher nun zur Kasse gebeten werden.
 

Gründe für das große Comeback der Butter

Als Verbraucher versteht man die Welt nicht, wenn die Butter bei Aldi plötzlich zwei Euro kostet, statt 75 Cent, wie noch im vergangenen Jahr. Was also sind die wichtigsten Gründe für die Preisexplosion bei Butter, Milch und Käse?

  • Die Regel der Marktwirtschaft, dass sich Preise übe Angebot und Nachfrage regulieren – im Fall der Butter mit dem in der Landwirtschaft üblichen gewissen Verzögerungseffekt. Sie erinnern sich: Zur Freude der Verbraucher fielen die Preise für Milch und Milchprodukte noch 2016 in den Keller, ausgelöst durch Überschüsse in der Milchproduktion. Für die Erzeuger hatte das teils dramatische sinkende Einkommen zur Folge: Milchbauern gerieten in Existenznot und mussten ihren Viehbestand teils drastisch verkleinern. Die Produktion ging dadurch so stark zurück, dass nun die steigende Nachfrage nach Milchfett nicht mehr bedient werden kann – was wiederum zur Explosion der Butterpreise führt. Verkleinerte Viehbestände lassen sich eben nicht per Knopfdruck von heute auf morgen wieder vermehren.
  • Die weltweite Nachfrage insbesondere nach Milchfett steigt. Insbesondere die Asiaten sind auf den Geschmack der Butter gekommen – allen voran die Chinesen. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhten sich die Butter- und Butteröl-Importe allein der Chinesen um gut 20% auf knapp 5000 Tonnen.
  • Die Rehabilitation der Butter als wertvolles und geschmackvolles Speisefett, dass in Maßen genossen der Gesundheit nicht schadet, sondern eher nutzt, beginnt zu wirken: Von gesundheitlichen Ängsten befreit genießen Verbraucher zunehmend die geschmacklichen Vorteile der ‚guten‘ Butter.
  • Europäer stehen dem Palmöl zunehmend skeptisch gegenüber und meiden Produkte mit Palmöl. Im Gegenzug nimmt die Nachfrage nach tierischen Fetten stark zu.

Während die Verbraucher stöhnen, atmen die Milchviehbauern auf: Mit den Butterpreisen steigen auch die Milchpreise – wenn auch in wesentlich geringerem Ausmaß. So sind die Milchpreise seit Mitte 2016 kräftig gestiegen – im Juli 2017 erhielten Landwirte im Bundesschnitt 36,1 Cent je Liter, im Vorjahresmonat waren es gerade mal 23,2 Cent. Dabei sollte man wissen, dass die Schwelle einer gewinnbringenden Milchproduktion für die Erzeuger bei einem Preis von ca. 35 Cent pro Liter liegt.
 

Preisanstieg droht auch bei Backwaren

Wenn sich die Situation nicht bald wieder normalisiert, dürften vor allem die Preise von Produkten nach oben schießen, zu deren Herstellung viel Butter benötigt wird – dann dürften z.B. Backwaren wie Croissants, Pains au chocolat oder Brioches zu Luxusgütern werden. Doch eine Trendwende für den Butterpreis ist nach Ansicht von Milchmarktexperten derzeit nicht in Sicht. Die Verbraucher haben zwar bereits mit heftigen Sparmaßnahmen reagiert: Allein im Juni ist der Absatz von Butter in Deutschland um 18% eingebrochen. Doch das reicht wohl bei weitem nicht aus, um den Preisanstieg zu bremsen. Momentan rechnet niemand so wirklich damit, dass der Preisanstieg zum Stillstand kommt – geschweige denn, dass die Preise auch nur annährend in frühere Regionen zurückkehren könnten.
 

docFood rät

Im Licht der gegenwärtigen Entwicklung erscheint die Vision des dänischen Milchexperten, dass vor Weihnachten die Butter knapp werden könnte, gar nicht mehr so abwegig. Wer nun Sorge hat, dass die Kühltheken vor Weihnachten leergeräumt sind oder die Butter unbezahlbar wird, sollte vielleicht doch jetzt schon Vorsorge treffen und einen kleinen privaten Butterberg für die Weihnachtsbäckerei einfrieren. Die Website swissmilk.ch schreibt: „Butter lässt sich gut einfrieren. In der Gefriertruhe hält sie 10 Monate und im Gefrierfach vom Kühlschrank etwa 3 Monate. Nach dem Auftauen sollte sie schnell aufgebraucht werden. Tipp: Butter in kleineren Portionen einfrieren.“ Die Schweizer müssen’s wissen, die verstehen was von Milch. Also rein mit der Butter ins Gefrierfach, bis kein Platz mehr ist. Die 3 Monate bis Weihnachten übersteht sie dort gut. docFood liefert dann rechtzeitig passenden Plätzchenrezepte in einer Butter-Sparversion – versprochen :) !

Dr. Friedhelm Mühleib

 

Foodwatch macht mobil gegen Mineralöl

Ende Oktober veröffentlichte die Verbraucherorganisation Foodwatch eine Liste mit Produkten, die Rückstände aus Mineralöl aufwiesen. Foodwatch zufolge war in Deutschland jedes fünfte getestete Produkt (9 von 42) mit Mineralöl-Rückständen belastet. Bei den betroffenen Produkten handelt es sich um pflanzliche Trockenprodukte: Reis, Nudeln, Haferflocken, Weizengrieß und Cornflakes. Foodwatch warnt vor dem Verzehr aller Produkte, bei denen in den getesteten Proben Rückstände von Mineralöle nachgewiesen wurden, und forderte Hersteller und Handel auf, Rückrufe zu veranlassen.
 

Verzehrswarnungen von foodwatch

Betroffen sind neben dem Hersteller Euryza, dessen belastete Reis-Marke reis-fit bei den meisten Händlern weiter im Regal steht, noch sieben andere Produkte: ●reis-fit Spitzen-Langkornreis ● Müller’s Mühle Minuten Spitzen Langkorn Reis ● Korn Mühle Weichweizen-Grieß ● Rewe Bio Weichweizengrieß ● Kellogg’s Cornflakes ● Jonas Rote Linsen ● Hahne Haferflocken ● Sweet Family Puder Zucker (Nordzucker). Inzwischen haben verschiedene Hersteller und Händler reagiert. So hat der italienische Hersteller Curti den bei Kaufland vertriebenen und ebenfalls mit Rückständen aus Mineralölen belasteten „Curtiriso Langkorn-Naturreis“ aus dem Verkauf genommen. Die Handelskette Real hat auf die Warnung von foodwatch hin den Reis-fit Lankornreis aus den Regalen genommen und ausgelistet.
 

Streit mit REWE eskaliert

Andere Anbieter sehen dagegen keinen Handlungsbedarf. So hat REWE einen von foodwatch beanstandeten Bio-Weichweizengrieß als „unbedenklich“ eingestuft und foodwatch mit „rechtlichen Schritten“ gedroht. „Rewe behält sich ausdrücklich vor, im Sinne der Verbraucher rechtliche Schritte zu prüfen“, schrieb das Unternehmen am Donnerstag auf seiner facebook-Seite. Jetzt eskaliert der Streit: Nachdem Rewe selbst bislang nicht aktiv wurde, hatte foodwatch selbst einen öffentlichen Rückruf verbreitet sowie den Verbrauchern empfohlen, bereits gekaufte Grieß-Packungen in ihre Rewe-Filialen zurückzubringen und dort den Einkaufspreis zurückzuverlangen.
 

Sind die Warnungen unverhältnismäßig?

Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) als Vertretung der Lebensmittelwirtschaft wirft foodwatch ein unverhältnismäßiges Vorgehen vor: Foodwatch beurteilt demnach abweichend von objektiven, wissenschaftlichen Einschätzungen einzelne Produkte als gefährliche Lebensmittel: „Es ist unverantwortlich, dass Foodwatch ein seit fünf Jahren erfolgreich bearbeitetes Thema skandalisiert und Anlass sieht, vor Produkten zu warnen, die längst bezüglich des Risikos minimiert sind.“ Nach Ansicht des BLL sollten Verbraucher nach den Regeln für öffentliche Lebensmittelwarnungen nur dann vor Lebensmitteln gewarnt werden, wenn diese eine akute Gesundheitsgefahr bedeuten können. Verunsichernde Aktionen zur „Warnung“ vor rechtmäßigen, unbedenklichen Produkten hält der BLL für gefährlich und bedenklich: Sie „verletzen die Grundsätze des verantwortlichen Umgangs mit Lebensmitteln und verwässern die Wahrnehmung des Verbrauchers für tatsächlich begründete Warnungen.“
 

docFood meint

Die in Lebensmitteln nachweisbaren Mineralöl-Rückstände stehen unter Verdacht, krebserregend und erbgutverändernd zu sein sowie das Hormonsystem zu beeinflussen. Im Grunde ist der aktuelle Streit nur deswegen möglich, weil es immer noch keine gesetzlichen Höchst- bzw. Grenzwerte in Lebensmitteln gibt – obwohl Verbraucherschützer das seit Jahren fordern. Es gibt zwar sogenannte Richtwerte – die sind allerdings rechtlich nicht verbindlich. Nahezu alle Produkte in der Foodwatch-Untersuchung aus dem deutschen Handel halten die im Entwurf der „Mineralölverordnung“ vorgeschlagenen Richtwerte ein. Wie in Deutschland üblich, sind diese Richtwerte mit hohem Sicherheitsabschlag kalkuliert: Auch wenn ein Lebensmittel den Wert um bis zum doppelten übersteigt, besteht noch lange keine Gefahr für Leib und Leben.  So besteht beim Verzehr eines der von foodwatch monierten Produkte in haushaltsüblichen Mengen ein allenfalls ein minimales theoretisches Risiko, dass auf Grund fehlender Forschung derzeit nicht einmal beziffert werden kann. Weil dieses Risiko jedoch nicht ganz auszuschließen ist, gilt grundsätzlich: Da sich bei krebserregenden Substanzen keine gesundheitlich unbedenkliche Aufnahmemenge definieren lässt, sollten Lebensmittel möglichst null Rückstände aus Mineralöl enthalten (mehr Hintergrund zur Bewertung des Rückstandsprobleme und zum Streit um Mineralöl in Lebensmittel gibt es auf dem tellerand-Blog zu lesen.)

 Dr. Friedhelm Mühleib

Foto: reishunger.de