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Tag des Cholesterins: Frauenherzen in Gefahr

Herzerkrankungen, darunter Herzinfarkte, treten in Deutschland mittlerweile bei Frauen fast so häufig wie bei Männern auf. Frauen sollten deswegen stärker auf die Gesundheit ihres Herz-Kreislauf-Systems achten, so die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. zum „Tag des Cholesterins“ am 19. Juni. Bei Frauen in den Wechseljahren und später steigt das Risiko. Zu viel Cholesterin im Blut ist einer der wichtigsten Risikofaktoren. Frauen sollten deshalb insbesondere nach dem Eintritt der Wechseljahre – regelmäßig die Blutfett- und -cholesterinwerte messen zu lassen.
Die Annahme, Herzinfarkt sei eine Männersache, trifft zwar nicht mehr zu – weil das viele Frauen noch immer nicht wissen, nehmen sie die Bedrohung häufig nicht wahr und vernachlässigen vorbeugende Maßnahmen. Auch bei der ärztlichen Behandlung erhalten Frauen seltener eine konsequente Therapie. Grundsätzlich sind die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen und Männern gleich: Rauchen, Vererbung, Fettstoffwechselstörungen mit erhöhten Blutwerten von Cholesterin, Triglyzeriden und Lipoprotein(a) sowie Atherosklerose, Übergewicht, Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Diabetes und Stress.
 

Diabetes und Stress: Erhöhte Gefahr für Frauen

Ein wichtiger Unterschied ist allerdings, dass Diabetes, Rauchen und Stress bei Frauen eine größere Rolle spielen als bei Männern. Darüber hinaus verschärfen sich viele Risiken bei den Frauen erst nach dem Eintritt in die Wechseljahre (Menopause). Das ist z. B. auch im Fettstoffwechsel der Fall: So haben Frauen im Durchschnitt niedrigere Blutwerte des „schlechten“ LDL-Cholesterins als Männer, was sich jedoch ab dem 55. Lebensjahr umkehrt. Erhöhte Blutfettwerte bringen bei Frauen ein mehr als doppelt so hohes Risiko für die koronare Herzkrankheit mit sich als bei Männern (76 % vs. 32 %).Frauen sind im Durchschnitt zehn Jahre älter als Männer, wenn sich Symptome zeigen und z. B. eine Atherosklerose festgestellt wird. Das verringert die Chancen, deren Entwicklung aufzuhalten oder gar rückgängig zu machen. Erleiden Frauen einen Herzinfarkt, äußert sich das häufig durch andere Beschwerden. Statt des bei Männern bekannten dominierenden Schmerzes in der linken Brust, treten bei Frauen relativ häufiger Atemnot, Bauchschmerzen und Übelkeit auf, wodurch ein Herzinfarkt oft spät erkannt wird. Auch dies trägt dazu bei, dass mehr Frauen als Männer im Alter um 50 Jahre am akuten Herzinfarkt sterben.
 

docFood rät

Wehret den Anfängen: Frauen ab 50 sollten regelmäßig die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersuchen lassen. Dazu gehören ● die Kontrolle von Cholesterin, Triglyzeriden und Lipoprotein(a) im Rahmen des Blutbildes ● die Blutzuckermessung zur Diabeteskontrolle ● die Messung des Blutdrucks. Wennn die gemessenen Werte steigen, sind die Chancen groß, dass sich die Entwicklung zu Schlimmerem verhindern lässt. Für Raucherinnen (immerhin 20% der Frauen in Deutschland) gilt: Finger besser weg von den Zigaretten, da sich schon nach einem nikotinfreien Jahr das Risiko einer KHK halbiert.

Redaktion docFood

Ihr Cholesterin ist hoch? Bloß keine Panik!

Kennen Sie Ihren Cholesterinwert? Heute ist “Tag des Cholesterins”, und zahlreiche Apotheken, Arztpraxen und Kliniken bieten Cholesterin-Messstationen, Informationsangebote und weiteren Aufklärungsaktivitäten an. Mit dem Aktionstag möchte die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. die Bevölkerung mobilisieren. Unter dem Motto „Blutfettwerte messen lassen – je früher desto besser!“ sollen Verbraucher auf die gesundheitlichen Gefahren aufmerksam gemacht werden, die mit einem zu hohen Cholesterinwert verbunden sind. Über Sinn und Unsinn dieser Messungen spricht docFood mit der Ernährungswissenschaftlerin und Fett-Expertin Ulrike Gonder.
 
docFood: Nach Meinung der Lipid-Liga sollte jeder von uns seinen Cholesterin- und Triglyzeridwert kennen – auch Eltern den Wert ihrer Kinder. Sollten tatsächlich alle zum Messen gehen?
Ulrike Gonder: Das halte ich für doch etwas zu pauschal. Denn wir wissen ja, dass der Wert des Gesamtcholesterins im Blut nur eine ganz eingeschränkte Aussagekraft hat. Was das Herzinfarktrisiko angeht, ist dieser Wert eigentlich nur für Männer mittleren Alters – so um die 50 – relevant. Für ältere Menschen gilt demgegenüber sogar, dass mit steigendem Cholesterin die Sterblichkeit abnimmt. Man lebt also länger, wenn man mehr Cholesterin im Blut hat. Ein erhöhter Cholesterinspiegel kann zwar ein Alarmsignal sein. Doch isoliert betrachtet hat er kaum Aussagekraft und muss keine Angst vor einem erhöhten Herzinfarktrisiko machen.
docFood: Wer sollte dann überhaupt seinen Cholesterinwert messen lassen?
Ulrike Gonder: Bei Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Bewegungsmangel und ähnlichen Beschwerden ist es in jedem Fall sinnvoll, mal näher hinzuschauen. Allerdings: Der Wert für das Gesamt-Cholesterin allein sagt eigentlich gar nichts. Es muss aufgeschlüsselt werden in den Anteil an HDL- und LDL-Cholesterin und die Triglyceride. Weniger bringt nichts, wenn man abschätzen will, ob ein Risiko besteht oder nicht. Sind LDL oder Triglyceride zu hoch und HDL zu niedrig und gleichzeitig Blutdruck und Gewicht erhöht, kann man tatsächlich sagen: Hier ist ein hohes Risiko – da muss was unternommen werden.
docFood: Die Lipid-Liga empfiehlt, den Cholesterinwert am besten vorsichtshalber schon bei Kindern ab dem zehnten Lebensjahr bestimmten lassen. Ist das nicht ein bisschen übertrieben?
Ulrike Gonder: Das erscheint mir tatsächlich völlig übertrieben. Man macht den Kindern damit eher Angst und klemmt das an einem isolierten Wert fest. Wer dafür sorgt, dass seine Kinder normalgewichtig und in Bewegung bleiben, muss sicherlich keine Cholesterinwerte messen lassen – abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen, etwa in Familien mit familiärer Hypercholesterinämie oder familiären Fettstoffwechselstörungen, wo schon sehr früh Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten können. In solchen Familien ist dieses Risiko bei der heutigen engmaschigen medizinischen Betreuung allerdings meist sowieso bekannt. Aber jetzt generell zu sagen: Cholesterin messen ab 10 Jahren – das halte ich für hahnebüchen. Man sollte bei Kindern positives Verhalten bestärken, anstatt nach kaum definierbaren Risiken zu schauen: Spaß an gutem Essen vermitteln, das gesund, fit, fröhlich und munter hält. Zudem besteht die Gefahr, dass überbesorgte Eltern die Kinder bei leicht erhöhten Werten mit fettarmen Diäten malträtieren. Denen wird dann Phytosterin-Joghurt und fettarme Margarine reingestopft. Das ist für die Entwicklung eines Kindes eher kontraproduktiv. Gerade Kinder brauchen eine gewisse Menge an Fett, und fettarme Kost hat sich ja gerade als Herz-Kreislauf-Prophylaxe nicht bewährt.
Das Interview führte Dr. Friedhelm Mühleib
Bildquelle: Claudia Hautumm / pixelio.de
 

Ulrike Gonder

Ulrike Gonder


Nächste Woche bei docFood: Im zweiten Teil des Interviews mit Ulrike Gonder geht es um die Frage: Erhöhte Cholesterinwerte – Wieviel Fett in der Ernährung ist da noch angebracht.
 
Ulrike Gonder ist Diplom-Oecotrophologin und arbeitet seit 20 Jahren als freie Wissenschaftsjournalistin, Autorin und Referentin. Ihr Lieblingsthema ist das Fett, dem sie schon viele Artikel und mehrere Bücher gewidmet hat, z. B. „Mehr Fett! Warum wir mehr Fett brauchen, um gesund und schlank zu sein.