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Du isst Fleisch? Schäm Dich!?

Mehr als ein Drittel aller Deutschen, die regelmäßig Fleisch essen, haben dabei häufig ein schlechtes Gewissen. Das hat eine Umfrage zum Ernährungsverhalten im Auftrag der Hannoverschen Lebensversicherung AG ergeben. Für eine vegetarische Ernährung ganz ohne Fleisch und Fisch haben sich allerdings bisher nur drei Prozent der Bevölkerung entschieden. Ein weiteres Prozent der Bundesbürger sind Veganer. Sie verzichten komplett auf tierische Lebensmittel, inklusive Eier und Milchprodukte.
Was sind die Gründe für die neue Scham beim Fleisch? „Wir wollen uns nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass das Fleisch, das wir essen, von einem Tier stammt, das getötet wurde. Daher verleugnen wir den Tötungsakt und tun so, als ob er gar nicht stattgefunden hätte.“ erklärt Prof. Christoph Klotter, Ernährungspsychologe in Fulda, in einem Beitrag in der Fachzeitschrift „Ernährung im Fokus“. Betrachtet man den Fleischverzehr der Deutschen, scheint der Anblick eines saftigen Steaks das schlechte Gewissen schnell zu verdrängen. Trotz des medialen Hypes um alternative Ernährungsweisen ist es Fakt, dass sich der Fleischkonsum in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg verdreifacht hat. Drei Prozent Vegetarier machen also „den Braten nicht fett“.
 

Fleisch essen ist männlich

Die Studie der Versicherung kommt zu dem Schluss: „Der Hang zum Fleischverzicht ist bei den Frauen stärker ausgeprägt als bei den Männern: Acht Prozent der Frauen essen kein Fleisch, bei den Männern sind es lediglich drei Prozent.“ Auch dafür hat Klotter eine Erklärung: „Der Konsum von Fleisch hat sich heute trivialisiert. Dennoch bleibt Fleisch das Symbol für Macht, Wohlstand und Männlichkeit. Das wissen all jene, die Männer um die 50 Jahre bezüglich ihrer Ernährung beraten. Fleisch ist die unantastbare heilige Kuh. Der Fleischkonsum wird verteidigt wie das Feierabendbier und die Sportschau. Der Fleischverzehr ist der Schutzwall der männlichen Identität. Und Identität ist wichtiger als Gesundheit.“ Trotzdem bescheinigt der Psychologe den Männern eine gewisse Fähigkeit zum Wandel: „Sozial besser gestellte Männer neigen eher zur Einschränkung des Fleischkonsums, da schließlich heutzutage alle viel Fleisch konsumieren können, der Fleischverzehr also kein Mittel mehr darstellt, sich sozial nach unten abzugrenzen.“
 

docFood meint:

Es war immer so: Bis in die Zeiten der Wohlstandsgesellschaft haben die Reichen mehr Fleisch gegessen als die Armen – der Fleischkonsums war Indikator für die gesellschaftliche Stellung. Sozialer Aufstieg bedeutete auch: Mehr Fleisch auf dem Tisch – auch der wachsende Fleischhunger in den Schwellenländern ist ein Beleg dafür. Bei uns hat sich das Blatt heute ein Stück weit gewendet, wie Klotter richtig bemerkt: Plötzlich wird Fleisch ein Mittel zur „negativen“ Abgrenzung: Wenn die gesamte Bevölkerung viel Fleisch essen kann, wird es für die sozial besser Gestellten attraktiver, auf andere Lebensmittel umzusteigen und zum Beispiel Vegetarier oder Veganerin zu werden – um sich so wieder neu von „denen da unten“ abgrenzen zu können.

 Dr. Friedhelm Mühleib

Schwanger? Dann geht Alkohol gar nicht!

„Prosit“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: „Es möge nutzen“. Tut es aber oft nicht. Vor allem dann nicht, wenn es sich beim Drink, der gemeint ist, um Alkohol handelt – und wenn dieser Alkohol in der Schwangerschaft getrunken wird. Schon wenige Tropfen Alkohol in der Schwangerschaft können beim Kind zu schweren Störungen führen. Wie eine Umfrage zeigt, hält es jeder sechste Bürger trotzdem für vertretbar, wenn werdende Mütter ab und zu ein Gläschen trinken. Und das, obwohl Kinderärzte, Gynäkologen, Ernährungswissenschaftler – alle Experten – seit Jahren beständig vor Alkoholkonsum in der Schwangerschaft warnen.
Immerhin: Das Spektrum der Folgen von leichtfertigem Alkoholkonsum in der Schwangerschaft reicht bei den Neugeborenen von leichten Konzentrationsproblemen bis zu dauerhaften schweren geistigen und motorischen Störungen


Schlimmstenfalls schwere Behinderung

In Deutschland werden jedes Jahr 10.000 Kinder mit Fetalen Alkoholspektrum Störungen (FASD) geboren, jedes Fünfte davon mit einem voll ausgeprägten Fetalen Alkoholsyndrom (FAS). Zudem sind die Betroffenen als Erwachsene anfälliger für Süchte. Jahr für Jahr 10.000 Kinder, die z.T. ein Leben lang büßen für etwas, dass die Mutter vermutlich für eine kleine, verzeihbare Sünde hielt – das sind 10.000 zu viel. Die Konsequenz kann nur eine sein: Finger weg vom Alkohol während der Schwangerschaft. Grundsätzlich. Ausnahmslos. Immer. Zum Glück nährt die Umfrage die Hoffnung, dass der Mensch nicht gänzlich unbelehrbar ist: Demnach ist die Ablehnung von Alkohol während der Schwangerschaft bei den 18- bis 24-Jährigen mit 84 Prozent am höchsten ist. Danach nimmt sie allerdings kontinuierlich ab, den niedrigsten Wert haben die über 55-Jährigen mit 67 Prozent. Dabei ist tröstlich: Die kriegen zum Glück kaum noch Kinder.


docFood meint:

„In der Schwangerschaft gilt ohne Wenn und Aber – Null Komma Null Alkohol. Denn schon kleine Mengen können das Kind im Mutterleib schädigen und seine Gesundheit bis hin zu schlimmsten Behinderungen schwer gefährden.“ Diese Forderungen von Ärzten und Kassen zum Tag des „Alkoholgeschädigten Kindes“ am heutigen 9. September kann man nur voll unterstützen.

Dr. Friedhelm Mühleib

 
Quellen:
https://www.pkv.de/presse/meldungen/umfrage-zu-alkohol-in-der-schwangerschaft/
https://www.aerztezeitung.de/panorama/default.aspx?sid=893716&cm_mmc=Newsletter-_-Newsletter-C-_-20150909-_-Panorama

Zahl der Woche: 54 Prozent der Deutschen glauben, dass sie sich gesund ernähren

54 Prozent aller Deutschen halten ihren Speiseplan für gesund und ausgewogen. Das ergab eine repräsentative Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Laut der Umfrage bewerten besonders Ostdeutsche und Frauen (jeweils 62 Prozent) ihre Ernährung als vorbildlich. Kaum einen Unterschied macht hier – im Unterschied zu anderen Untersuchungen – die Schulbildung der Befragten. So schätzen 57 Prozent der Menschen mit Volks- oder Hauptschulabschluss und 56 Prozent der Befragten mit Abitur und Hochschulabschluss ihre Ernährungsweise als gesundheitsförderlich ein.
 
Den 54 Prozent der Befragten, die ihre Ernährung als gesund einschätzen, stehen allerdings 46 Prozent gegenüber, denen es nicht immer gelingt, ihre Mahlzeiten ausgewogen zu gestalten. 60 Prozent davon führen mangelnde Zeit als Grund an. Ganze 43 Prozent bekennen sich auch geradeheraus zu einer Vorliebe für ungesundes Essen. Interessant: Der Appetit auf Junk-Food ist im Westen Deutschlands mit 45 Prozent wesentlich höher als im Osten (33 Prozent).
 
Knappe Kasse – Grund für schlechte Ernährung?
Als weitere Gründe für schlechte Ernährungsgewohnheiten werden in der Umfrage fehlende finanzielle Möglichkeiten (22 Prozent) und nicht genügend Informationen (19 Prozent) genannt. Anders als bei der grundsätzlichen Bewertung scheint bei diesen Aspekten das Bildungsniveau eine Rolle zu spielen: Während 30 Prozent der Befragten mit Volks- oder Hauptschulabschluss angaben, sich unzureichend informiert zu fühlen und 33 Prozent aus dieser Gruppe meinten, dass sie zu wenig Geld für eine gesunde Ernährung haben, war die Informationslage bei Befragten mit höherem Bildungsabschluss nur zu 11 Prozent und finanzielle Aspekte nur zu 18 Prozent ausschlaggebend. Fast ein Fünftel der Befragten, die sich nach eigenen Angaben nicht optimal ernähren, sparte sich jegliche Ausreden und gab an, sich schlicht nicht für eine ausgewogene Ernährung zu interessieren.
 
docFood meint:
Wie schön, dass die Befragten in Sachen Ernährung so sicher sind. Trotzdem: Es lohnt sich, das eigene Verhalten gelegentlich mit den Empfehlungen von (echten!) Ernährungsexperten zu vergleichen. Denn rund 50% Deutsche mit Übergewicht und vier Millionen Diabetiker – um nur zwei von vielen Beispielen zu nennen – deuten darauf hin, dass die Ernährung bei vielen doch nicht ganz so ausgewogen und gesund ist.

Melanie Kirk-Mechtel

Quellen: BMEL, TNS Emnid