Fett: Macht den Nachwuchs stark

Erinnern Sie sich noch an das Märchen vom starken Gottlieb? Ludwig Bechstein erzählt, dass der kleine Gottlieb sieben Jahre lang Muttermilch trank und sehr groß und sehr stark wurde. Wie weise doch unsere Ahnen waren, auch wenn sie keine Ernährungswissenschaft studiert hatten. Wie Forscher des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) erstmals (nach Bechstein) zeigen, dass die mütterliche Ernährungsweise in Schwangerschaft und Stillzeit Kinder sehr stark machen kann – zumindest bei Mäusen.
„Mit unserer Untersuchung zeigen wir zum ersten Mal, dass der mütterliche Verzehr einer sehr fettreichen Kost während der Schwangerschaft und Stillzeit die muskuläre Leistungsfähigkeit und Trainierbarkeit der Nachkommen beeinflusst – selbst dann, wenn die Mütter nicht übergewichtig sind“, sagt Prof. Susanne Klaus, die am DIfE die Arbeitsgruppe Physiologie des Energiestoffwechsels leitet.
 
Fett macht Mukis – zumindest beim Nachwuchs

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Prof. Susanne Klaus – (Foto: Kathleen Friedrich)


In der Studie von Susanne Klaus und Isabel Walter waren Nachkommen von Müttern, die fettarmes Futter bekamen, trotz Lauftrainings weniger leistungsfähig als Tiere, deren Mütter fettreiche Nahrung während der Trag- und Stillzeit zu sich genommen hatten. Ebenso sprach ihre Muskulatur nicht gut auf das Training an. Die Studie weist darauf hin, dass bei langanhaltender Aktivität die Muskeln dieser Tiere nur unzureichend mit Energie versorgt sind. Die Leistungsschwäche könnte mit fortschreitendem Alter das Risiko für Übergewicht erhöhen. Zum Hintergrund der Studie: Verschiedene Untersuchungen weisen darauf hin, dass die mütterliche Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit die körperliche Entwicklung der Nachkommen beeinflusst. Im ungünstigen Fall kann sie im Erwachsenenalter zu Übergewicht und Typ-2-Diabetes führen. Bekannt ist ebenfalls: Schon die Entwicklung im Mutterleib ist für die Ausprägung der Muskulatur entscheidend, da nach der Geburt die Zahl der Muskelfasern nicht mehr zunimmt. Allerdings ist die Potsdamer Studie eine der ersten, in denen man Effekte der mütterlichen Ernährung auf die Muskulatur der Nachkommen hinsichtlich deren Trainierbarkeit und Leistungsfähigkeit untersucht hat – wenn auch zunächst nur am Mausmodell unter kontrollierten Bedingungen.
 
Nicht übertreiben!
Das Märchen zeigt allerdings auch, dass man es nicht übertreiben soll. O-Ton Bechstein: „ Nach Verlauf der sieben Jahre nahm der Knecht seinen Gottlieb mit zum Gutsherrn und sagte: ‚Schaut Herr, den kapitalen Jungen! Er kann schon etwas tun für sein Alter.‘ Da stand im Garten, wo Vater und Sohn den Gutsbesitzer angetroffen hatten, ein junger Baum, und da sprach der Herr: ‚Reiße dies Bäumchen heraus, Gottlieb!‘ Der Knabe versuchte seine Kraft an dem Bäumchen, aber er vermochte nicht, dasselbe auszureißen, und der Herr sprach: ‚Der Kleine ist noch zu jung und zu schwach. Es wäre auch zu viel von ihm verlangt, jetzt schon schwere Arbeit zu tun.‘ Da ging der Knecht mit seinem Gottlieb hinweg und ließ ihn noch sieben Jahre Muttermilch trinken, und als die sieben Jahre um waren, führte der Vater seinen Sohn wieder zum Rittergutsbesitzer, dem Gottlieb nun groß und stark genug schien, um ihn in seine Dienste zu nehmen; er sollte daher einen Tag zur Probe dienen. Der Gottlieb war aber von Natur und durch die Muttermilch schreckbar stark geworden und riss gleich als Probestück einen ziemlich dicken Baum mit dem kleinen Finger heraus, so dass alles erschrak, absonderlich die Gutsherrin.“
 
docFood meint:
Liest man die Ergebnisse der Potsdamer, denkt man schnell noch an ein anderes Märchen: Das Märchen vom bösen Fett in der Ernährung. Um Rückschlüsse auf den Menschen zu ziehen, sei es sicher noch viel zu früh, dennoch lohne es sich, diesen ersten Hinweisen nachzugehen, um die Zusammenhänge zwischen Ernährung und pränataler Prägung besser zu verstehen, meint Susanne Klaus. Trotzdem scheint auch diese Untersuchung ein Mosaikstein zu sein, der darauf hindeutet, dass das alte Märchen vom bösen Fett und die großväterlichen Ratschläge der Ernährungswissenschaft für eine möglichst fettarme Ernährung ziemlich gestrig sind. Fett in der Ernährung braucht neue, zeitgerechte Geschichten!

Friedhelm Mühleib

Quelle: DifE

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