Stevia – wie natürlich ist der Süßstoff aus der Staude?
In Europa sind die süßen Substanzen aus der Stevia-Pflanze nach langem Hin und Her erst seit 2011 als Süßstoff zugelassen. Allerdings blieb danach der erwartete Stevia-Boom weitgehend aus. Hauptgrund: Die Stevia-Produkte konnten die geschmacklichen Erwartungen verwöhnter europäischer Gaumen nicht erfüllen. Jetzt könnte Stevia doch noch salonfähig werden – als Zuckerersatz in Coca-Cola. Nach der Einführung in Südamerika und jüngst in Großbritaninen plant der Getränkemulti demnächst auch in Deutschland die neue „Coca-Cola life“ auf den Markt zu bringen, die gut ein Drittel weniger Kalorien hat, weil ein Teil des Zuckers durch den pflanzlichen Süßstoff Stevia ersetzt wird.
In Paraguay versüßt Stevia, das Honigkraut, seit über 500 Jahren den bitteren Mate-Tee – ganz ohne Kalorien und Schaden für die Zähne. Das süße Geheimnis steckt in den Blättern der Staude, die getrocknet etwa 15 bis 30mal süßer als Zucker sind. Sogar 300mal süßer sind die in der Pflanze enthaltenen Steviolglycoside. Um diese Stoffe aus den Blättern zu isolieren, bedarf es jedoch keines überlieferten Volkswissens, sondern aufwändiger chemischer Verfahren. Eine Aufgabe also für die moderne westliche Welt, die vor einigen Jahren auf das neue alte Wunderkraut aufmerksam wurde. Eine natürliche Alternative zu Zucker und Honig ganz ohne Kalorien? Ein zahnschonender Süßstoff ganz ohne Nebenwirkungen? Aus diesem Stoff sind die Träume der Lebensmittelindustrie, die der zunehmenden Zuckerhysterie und der anhaltenden Skepsis gegenüber synthetischen Süßstoffen gerne etwas entgegensetzen möchten.
Europäische Behörde ESFA bescheinigt Unbedenklichkeit
Doch bei der Stevia-Verarbeitung zur Süßstoff-Gewinnung bleibt die Natürlichkeit weitgehend auf der Strecke – was in Europa im Vorfeld der Zulassung für Skepsis sorgte. Während die Substanzen in Ländern wie Argentinien, Australien, Brasilien, China, Japan und der Schweiz schon lange auf dem Markt waren, zog sich die Zulassung in Europa jahrelang hin. 2011 stufte die Lebensmittelbehörde ESFA die Steviolglycoside aus der Stevia-Pflanze als unbedenklich ein, nachdem einige große Konzerne diverse Bedenken durch stichhaltige Studien entkräften konnten. Zudem legte die EFSA eine Höchstmenge fest, die jeder Mensch täglich sein Leben lang zu sich nehmen kann, ohne Schaden zu nehmen. Ende 2011 erfolgte schließlich die Zulassung bestimmter Steviolglycoside durch die EU-Kommission.
Erfüllt geschmacklich nicht alle Erwartungen
Dass der erwartete Stevia-Boom ausblieb, liegt zum einen am Geschmack, der bei zu hohen Konzentrationen leicht bitter bis lakritzartig ausfällt. Mit vielen Getränken und Lebensmitteln harmonierte das nicht bzw. erforderte seitens der Hersteller ausgeklügelte Rezepturen. Zum anderen war den Verbrauchern schnell klar, dass auch die Steviolglycoside alles andere als „natürliche“ Süßstoffe sind. Nicht umsonst ist es heute bei uns verboten, auf Lebensmitteln, die Steviolglycoside enthalten, Steviablätter abzubilden bzw. den Begriff „Stevia“ zu verwenden. Wenn es um chemisch isolierte Süßstoffe geht, selbst wenn sie pflanzlichen Ursprungs sind, lässt der aufgeklärte Verbraucher hierzulande eben nicht mit sich spaßen! Man darf gespannt sein, ob nun Coca-Cola mit Coke life mit grünem Etikett so richtig Spaß haben wird.
Tipp von docFood:
Da Steviolglycoside backfest sind, kann – wer Zucker und Kalorien sparen möchte – einen Backversuch mit Stevia-Erzeugnissen wagen. Probieren Sie‘s doch einfach mal!
Bildquelle: viperagp – Fotolia.com
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