Moringa oleifera – wirklich ein Wunderbaum?

Gibt es eine Heilpflanze, die gegen fast alle körperlichen Beschwerden hilft? Fast könnte man meinen, dass es sie tatsächlich gibt – wenn man die wundersamen Geschichten liest, die derzeit allerorten über den ayurvedischen Wunderbaum kursieren: Moringa oleifera. Ein Blick auf die Urheber dieser Geschichten zeigt, dass es nicht nur um unser Wohlergehen, sondern auch um gesunde Geschäfte geht. Wer Moringa olifeira googelt, dem stürzt eine Flut von Produkten entgegen. Die Wunderpflanze wird in jeder erdenklichen Form vermarktet – als Tee, Pulver, Pille, Tablette oder Öl.
Im Folgenden begibt sich docFood auf die Suche nach der Antwort auf die Frage, ob Moringa tatsächlich Wunder vollbringen kann.
 

Moringa – die Fakten

Die Berichterstattung über Moringa ist voller Superlative. Moringa oleifeira wird oft als „vollkommenes und vollendetes“ Nahrungsmittel beschrieben. Häufig ist zu lesen, Moringa sei die nährstoffreichste Pflanze der Welt. Begründet wird das mit der Angabe von exorbitanten Nährstoffgehalten – Eiweiß: viermal so viel wie Eier; Kalium: dreimal mehr als Bananen, Vitamin E: das 10-fache der empfohlenen Tagesmenge, Kalzium: zwölfmal so viel wie Milch. Wo kommen diese Zahlen her? Relevante Quellen sucht man vergebens – zitiert werden allenfalls obskure Labore. Aus den gängigen Nährwerttabellen stammen die Zahlen zumindest nicht – in denen ist ein Exot wie Moringa bisher noch nicht vertreten. Und worauf beziehen sich die Zahlen? Den meisten Nährstoffvergleichen zwischen Moringa und anderen Lebensmitteln legen die Hersteller von Moringa-Präparaten das wasserfreie Pulver zu Grunde – und vergleichen sie mit den Gehalten von frischen Früchten oder Gemüsen. Dass sich beim Vergleich wasserfreie Trockenmasse – wasserhaltige Frischware bezüglich des anteiligen Nährstoffgehaltes immer ein deutlicher Vorteil für das getrocknete Produkt ergibt, wird geflissentlich verschwiegen. Seriös wäre, das Pulver mit getrockneten Lebensmitteln zu vergleichen – doch dann würde der Moringa-Vorteil schnell schwinden. Beispiel Banane: Moringapulver (100 g) enthält ca. 850 mg Kalium – die Banane liefert als Trockenfrucht 1500 mg Kalium pro 100 g. Hinzu kommt, dass die empfohlen Mengen vieler Hersteller für Moringa-Pulver bei 3–5 Gramm pro Tag liegen. Werden allerdings täglich nur ein paar Gramm verzehrt, tragen auch Höchstgehalte an bestimmten Nährstoffen und Substanzen nicht wesentlich zu unserer Versorgung bei.
 

Moringa – hat auch ohne Wunder viel zu bieten

Dass vor allem die Hersteller der verschiedensten Moringa-Präparate mit derart unseriösen Methoden werben, ist eigentlich ein Jammer. Denn vergisst man die Superlative, hat Moringa trotzdem noch ungewöhnlich viel zu bieten. Ein Baum, der vielleicht nicht die Welt retten und uns auch nicht von allen Krankheiten kurieren kann, der aber trotzdem außergewöhnlich großen Nutzen bringt: Tatsächlich zeichnet sich Moringa dadurch aus, dass Blätter, Früchte, Blüten, Samen, Rinde oder Wurzeln – somit grundsätzlich alle Teile des Baumes – verwendet werden können. Und tatsächlich kann sich auch die Nährstoffbilanz sehen lassen: Glaubt man den Zahlen einer Analyse des indischen National Institute of Nutrition (.. der vielleicht glaubwürdigsten Quelle, die sich derzeit finden lässt) aus dem Jahr 1989, enthalten 100 Gramm essbarer Anteil von Moringa tatsächlich siebenmal so viel Vitamin C wie Orangen, so viel Calcium wie Weichkäse, nur geringfügig weniger Kalium als Bananen und halb so viel Eiweiß wie Hühnerei.
 

docFood meint

Die derzeitige Diskussion macht Moringa zum Scheinriesen, der sich bei näherem Hinschauen auf Normalmaß reduziert: Produkte vom Moringa-Baum sind wertvolle Lebensmittel wie andere hochwertige Nahrungsmittel auch, aber weit entfernt vom Wunderbaum. So viel Klarstellung muss sein! Was Moringa für die Gesundheit leisten kann, können Sie in einer Woche auf docFood lesen.

Dr. Friedhelm Mühleib

3 Kommentare
  1. Wolfgang Moritz sagte:

    Sehr geehrter Herr Mühleib,
    ich danke Ihnen für den vernünftigen Artikel zu Moringa.
    Die übertriebene Berichterstattung zu Moringa (und anderen Lebensmitteln) kostet am Ende Glaubwürdigkeit und schadet einer guten Sache mehr als sie nutzt.
    Wir sind aber auch zuversichtlich, dass sich langfristig die wahre Grösse des “Scheinriesen” zeigen wird. Herr Tur Tur aus Jim Knopf war ja ebenso ein hilfsbereiter, nützlicher Zeitgenosse.
    Viele Grüsse aus der Schweiz,
    Wolfgang Moritz

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  2. Chris sagte:

    Ihr Fazit widerspricht dem Inhalt des Artikel.. Wenn die gesamte Pflanze nutzbar ist, Vitalstoffe überdurchnittlich enthalten sind, und zudem det Anbau wirtschaftlich ist aufgrund der Genügsamkeit und der Hektarerträge, dann ist das kein Normalmass.

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  3. Dr. Markus Paul Forster sagte:

    Ich stimme Ihnen und dem Artikel voll und ganz zu, dass viele Vergleiche der Inhaltstoffe irreführend und nicht ganz korrekt sind. Wie zum Beispiel: Frischeware mit getrockneter Ware zu vergleichen. Dennoch gibt es in der Literatur/Internetrecherchen Angaben, wo zum Beispiel der Vitamin C Gehalt in der getrockneten Ware (27mg/100g) niedriger ist, als in der Frischen (220mg/100g). Wie kommt das? Wie soll das gehen, wenn die Nährstoffe beim Trocknen doch aufkonzentriert werden. Paprika sind nicht gleich Paprika und Moringa sind nicht gleich Moringa. Hier muss man ganz klar sagen, dass es auf die Anbauweise und vor allem auf die schonende Verarbeitung ankommt.
    Leider gibt es viele Anbieter, die nur auf das Geldmachen aus sind und Billigware zu einem Höchstpreis verkaufen. Ohne Kontrolle und ohne Rücksicht auf Verluste (Gesundheit der Konsumenten)!
    Ich persönlich bin 100%ig von Moringa überzeugt & habe von getrocknetem Moringapulver an der Universität von La Laguna (Tenerife) Analysen gemacht, und das ganze Department war erstaunt. Ergebnis: 980mg VitC in 100g ( das ist fast 1%) und fast 4g/100g Polyphenol (ca. 4%). Ebenso wird in der Literatur über Moringa über die 18 von 20 Aminosäuren berichtet. Wir haben alle 20 der 20 existierenden Aminosäuren nachgewiesen. Das ist für eine Pflanze spektakulär. Dazu kommen andere Substanzen, wie : Lutein, Xeaxanthin, Chlorophyll, Phytohormone (Zeathin), beta-Karotinoide. Jede Substanz mit alsoluter Bioverfügbarkeit und jede mit seiner eigenen „Geschichte“ für unsere Gesundheit. Zusätzlich liefert diese Pflanze uns noch Spurenelemente, die oft auch „Grundbausteine“ einer richtig funktionierenden Enzymaktivität sind. Man sollte vor allem die antioxidative , enzündungshemmende und antibakterielle Wirkung der Moringa in der Vordergrund rücken, und nicht auf die wenigen Makronährstoffe & Mineralien.
    Laut vieler Rückmeldungen liegt das Wunder der Moringa darin, dass sie wirklich „hilft“, uns „back to balace“ bringt und keiner ist bisher der Sache genau auf den Grund gegangen. Ich versuche dies.
    Den Namen Wunderbaum hat die Moringa in meinen Augen auf jeden Fall verdient, vor allem auch, wenn man vor Ihnen steht und die Blüten und das extrem schnelle Wachstum beobachten kann.

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